Man kann Deutschland nicht kennen, wenn man nur in seinem Dunstkreis bleibt. Was ist zum Beispiel mit den Sorben und welchen Zusammenhalt zeichnet die Menschen auf der kleinen Insel Helgoland aus. Doch, wo fängt man an? Die Journalistinnen Steffi Fetz und Lisa Altmeier haben im vergangenen Jahr ein spannendes Projekt begonnen. In drei Monaten wollten sie Deutschland bereisen und mit der Unterstützung der User ihre Heimat vollkommen neu entdecken. Als "Crowdspondent" angelehnt an das Prinzip des Crowdfunding, gingen sie den Recherchewünschen und den Fragen ihrer Crowd aus den sozialen Netzwerken nach. Zahlreiche Fragen und Themen wurden dabei aufgeworfen, von denen sie einige ausgewählt haben. Daraus entstanden ist nun ein persönliches und informatives Buch auf der Suche nach der Antwort, was Heimat innerhalb von Deutschland bedeutet.
Auf der Suche nach Heimat
Wow, was für ein Roadtrip! Wie Steffi und Lisa weiß auch der Leser nicht wohin die Reise geht. Eine Deutschlandkarte im Buchumschlag lässt erahnen, was für ein verrückter und zeitaufwendiger Trip das war. Von Nord nach West, nach Ost, nach Süd - mal auf Helgoland, mal in Köln auf der Suche nach Flüchtlingen, die in den Neunzigern nach Deutschland gekommen sind. Dem folgt man als Leser mal aus der Perspektive von Lisa, mal der von Steffi. Die Passagen sind kurz gehalten, man wechselt häufig zwischen den beiden Frauen.
Episodenhafte Geschichten
Es sind Episoden, in denen Menschen im Mittelpunkt stehen, denen Lisa und Steffi auf ihrer Reise begegnet sind, auf Helgoland zum Beispiel. Die Insel ist so klein, dass dort wirklich jeder jeden kennt. Da ist der Müllmann, der die beiden Frauen zu einem der ältesten Bewohner der Insel, der von der Wiederbesiedlung Helgolands berichten kann, führt. In Dresden übernachten sie gemeinsam mit Künstlern auf dem Gelände der alternativen Kunstausstellung für moderne Kunst "Ostrale" und beobachten das nächtliche Treiben. Das ist auch eine Art, wie Lisa und Steffi Deutschland entdecken wollen. Sie übernachten an außergewöhnlichen Orten, auch durch die Hinweise der User. Mal in einem Wellness-Kloster, mal auf dem Dach eines Berliner Hochhauses und sogar in einer Düne auf Helgoland. Trotzdem: so ganz will es aber nicht immer gelingen von der journalistischen Betrachtungsweise abzuweichen und persönlicher zu schreiben, ja lockerer und mitreißender. Die Reportage steht über allem. Dadurch ziehen sich die einzelnen Episoden, auch wenn sie noch so informativ für den Leser sind. Es gibt allerdings auch diese Momente, wo man ihr persönliches Umfeld besser kennenlernt, wenn Lisa und Steffi zum Beispiel einen kurzen Zwischenstopp bei Lisas Familie einlegen.
Alles in allem ein sehr informatives Buch, was auf eine ganz besondere Weise vermittelt, was Heimat in Deutschland bedeuten kann. Steffi und Lisa stellen viele Fragen, recherchieren, präsentieren ihren Lesern ihre Ergebnisse. Das liest sich manchmal etwas zu stringent, trotzdem entwickeln sie einen Spannungsbogen, der neugierig auf die Menschen macht, mit denen die beiden Frauen gesprochen haben. So hat man Deutschland noch nicht erlebt.
