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Kulturdezernent Matthias Puhle
Im neuen Dienstzimmer, das auf seine Umgestaltrung wartet: Prof. Matthias Puhle
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Matthias Puhle
Der 1955 in Braunschweiggeborene Historiker promovierte 1984 zur Rolle Braunschweigs im späten Mittelalter. Dabei wäre er nach einem Studium der Geschichte, Germanistik, Philosophie und Pädagogik um ein Haar Lehrer geworden. Bereits 1979 legte er sein Erstes Staatsexamen für das Höhere Lehramt ab. Von 1991-2012 war er Direktor der Magdeburger Museen, seit 1994 ist erHonorarprofessor an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Zwei Ölbilder hängen über dem Schreibtisch seines neuen Dienstzimmers am Krökentor. Der Maler Bruno Beye hielt darauf die Ruinenlandschaften Magdeburgs nach 1945 fest. Eine Stadt in der Stunde Null. Den Geschmack von Prof. Matthias Puhle treffen die Bilder aber offenbar nicht ganz. „In den nächsten Wochen möchte ich das Zimmer ein wenig umgestalten“, sagt er.
Hundert Tage ist er jetzt im Amt und die Aufgaben, die vor ihm liegen, sind viel größer als die Wahl der Bilder an der Wand. Was sein Amt angeht, fängt er lange nicht bei diesem Punkt Null an, da bekam er von seinem Amtsvorgänger Dr. Rüdiger Koch ein bestelltes Feld übergeben. Auf neun Prozent hatte Koch den Anteil der Kultur am städtischen Haushalt hochgetrieben, ein respektabler Wert für eine Großstadt. „Mich reizen die Gestaltungsmöglichkeiten in der Position des Kulturbeigeordneten“, sagt Puhle, der zuvor 17 Jahre lang als Kochs Stellvertreter stand. Zuletzt war er zwei Jahre lang als Fachbereichsleiter Kultur im Kultusministerium tätig. Eine nützliche Vorbereitung für seinen jetzigen Job: „Da musste man auch für vieles zugleich zuständig sein.“
Für seine neue Aufgabe weiß Puhle auch den Stadtrat hinter sich, parteiübergreifend war ihm das Amt zuvor angetragen worden, zur Wahl erhielt er mehr als 80% der Ratsstimmen. Natürlich, einer wie er bekommt dieses Vertrauen. 1996, in einer Zeit, als Magdeburg noch eher depressiv war, hat er eine Europaratsausstellung zu den Ottonen nach Magdeburg geholt. Wer hätte das damals für möglich gehalten – genau genommen nicht einmal er selbst. Seither hat sich die Identifikation der Magdeburger mit ihrer Geschichte grundlegend geändert, gab es die großen Grabungskampagnen im Dom, die im Fund des Grabes von Königin Editha gipfelten. Nun fällt in seine Amtszeit die für Herbst 2018 geplante Eröffnung des Dommuseums. Der Kreis schließt sich.
Die erfolgreiche Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2025
Erstrangige Aufgabe, an der er sich messen lassen will, aber ist Magdeburgs Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas. Da zählt es auch, dass sein Name als ehemaliger Vorstand des Deutschen Museumsbundes in den nationalen Entscheidungsgremien einen gewissen Klang hat. Aber natürlich setzt er vor allem auf Inhalte, auf das Thema des einst bis nach Osteuropa gültigen Magdeburger Rechts. Ein starkes Argument für eine Bewerbung. Da interessiert ihn auch nicht, dass sich mit Dresden, Mannheim, Nürnberg namhafte Städte bewerben wollen. „Spätestens seit Glasgow 1990 ist doch deutlich, dass es nicht darum geht, bestehende große Kulturstädte zu bestätigen, sondern Orte zu küren, die einen gewissen Reparaturbedarf haben, die sich durch Kultur neu aufstellen.“
Aber nur allein mit einem Europa verbindenden Thema wird es nicht funktionieren „Die Begeisterung muss die ganze Bevölkerung erreichen. Ob uns das gelingt, wird eine große Rolle spielen, wenn die Jury Anfang 2019 die Bewerberstädte bereist.“ Insbesondere die freie Kunst- und Kulturszene möchte Puhle bei der Bewerbung dabei wissen. „So möchte ich in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts die freie Kulturszene mehr fördern.“ Er meint damit sicher nicht nur unterstützende Worte, sondern konkret eine Erhöhung des derzeit bei 100.000 Euro liegenden Jahresetats für freie Kulturprojekte.
Da sind zwei weitere Großereignisse
Zwei Großereignisse, die in seine Amtszeit fallen, sind das Lutherjahr 2017 und das Bauhaus-Jubiläum 2019, beides Themen, die eng mit der Stadt verbunden sind. Im Lutherjahr wird sich Magdeburg mit der Ausstellung „Magdeburg und die Reformation“ beteiligen, wegen dem Bauhausjubiläum sei man im Gespräch mit der Stiftung Bauhaus.
Dass sein Amt aber viel mehr ist als Kultur, nämlich auch und vor allem die Bereiche Sport und Schule umfasst, dass musste Puhle schon wenige Wochen nach Amtsantritt feststellen. Die neue Regelung zur Öffnung der Grundschulbezirke teilt die Stadt seither in Befürworter und Kritiker.
Für sieben Jahre ist Puhle gewählt, also bis 31. Oktober 2022. Nach aktuellem Dienstrecht aber muss er altersbedingt bereits im Februar 2020 seinen Job nach sechs Jahren Amtszeit abgeben. Eine hoffentlich erfolgreiche Kulturhauptstadtbewerbung dürften dann andere umsetzen. Aber auch das hat es schon immer gegeben, wie der Historiker Puhle weiß. Und zitiert einen mittelalterlichen Stadtsyndikus von Braunschweig, der einst sein Amt aufgab, denn „er könne das (damit verbundene) Saufen nicht mehr besorgen.“