© Puppentheater Magdeburg
Struwwelpter
Die Bühne des Stückes Struwwelpeter anlässlich des Hofspektakels 2019.
Wer kennt sie nicht, diese Geschichten von Kindern, die nicht auf ihre Eltern hören und denen hernach allerlei Unheil widerfährt: allen voraus der strubelhaarige Peter mit seinen endlos langen Fingernägeln, das zündelnde Paulinchen, der Tiere zum Scherz quälende Friederich, der unverbesserliche Daumenlutscher Konrad oder Zappel-Philipp, für den es heute eine ADHS-Diagnose geben würde. In den weltbekannten Bildergeschichten von Heinrich Hoffmann aber folgt die Strafe für solcherart Fehlverhalten nerviger Kinder sofort. Zappelphilipp kippt samt Stuhl und Tischdecke um, Friederich wird vom gequälten Hund ins Bein gebissen und der Daumenluscher verliert, schnipp-schnapp, seine Daumen.
Schwarze Pädagogik werden diese Geschichten heute genannt, die Hofmann Mitte des 19. Jahrhunderts eigentlich nur für seinen dreijährigen Sohn verfasste. Aber er traf den Nerv der Zeit, griffen sie doch bahnbrechend das Thema der bürgerlichen Erziehung auf, das erstmals von breiten Bevölkerungsschichten wahrgenommen wurde.
Das Hoffmannsche Bildungspanoptikum nahmen sich 1998 die beiden britischen Theatermacher Phelim McDermott und Julian Crouch sowie der Musikers Martyn Jacques, Kopf der Kultband „The Tiger Lillies“ als Stoffgrundlage für eine grotesk-makabre Junk-Oper für Erwachsene. Ihr „Shockheaded Peter“ vermischt Zirkusklänge und Varieté mit Punk und bitterbösem britischen Humor. Die Open-Air-Inszenierung zum Buckauer Hofspektakel lehnt sich an dieser Vorlage an. Regisseur Hans-Jochen Menzel hat seit Anfang der 90er Jahre vielfach in Magdeburg inszeniert, erst im Januar kam das DDR-Stück „Froh ist der Schlag unsrer Herzen“ auf die Bühne. Nun erzählt er den Struwwelpeter als groteskes Open-Air-Gruselstückchen um ein Bestattungsunternehmen, bei dem die Dinge zunehmend – wie sagt man? – aus der Kiste laufen. Für die Musik ist Andres Böhmer verantwortlich. Anstatt Akkordeon und Kontrabass wie bei den Tiger Lillies setzt er auf Saxophon, Beatboxen, Flöte oder Gitarre und erzeugt damit einen ganz eigenen Sound. Auch die gequälten Tiere aus dem Struwwelpeter bekommen ihren Platz als Puppenfiguren. Menzel: „Ich habe sie hineingebracht, damit sie die Menschen beschäftigen, sie mischen sich ein und versuchen sie zu dominieren.“ Na das wird ein grotesker Spaß.
Zu allen Veranstaltungsterminen, Hofspektakel: Struwwelpeter vom 5. bis 28. Juli

© Jesko Döring
Puppentheater
Warschauer Straße 25, 39104 Magdeburg
Kassenzeiten Di-Do 10-12.15 Uhr u. 13-18 Uhr Fr 10 -12.15 Uhr u. 13 -16 Uhr Abendkasse: 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn nach Vorstellungsbeginn erfolgt kein Nacheinlass.