Pünktlich zum Reformationsjubiläum präsentieren die Kammerspiele Magdeburg ein Stück über zwei der wichtigsten Gegenspieler jenes Epochenwechsels vom Mittelalter zur Neuzeit: Martin Luther und Johann Tetzel.
Auf der einen Seite die radikale moralische Instanz, auf der anderen der erfolgreiche Verführer, Verkäufer und Moderator.
Die Tragikomödie behandelt die Verführbarkeit des Menschen durch die Verheißung von Sicherheit und Glück in einer Zeit der großen Verunsicherungen und Brüche, wie wir sie gegenwärtig in unseren westlichen Gesellschaften ganz ähnlich erleben. Stellt man Luther und Tetzel einander aus heutiger Sicht gegenüber, ist wohl davon auszugehen, dass Tetzel in unserer Mediengesellschaft die wesentlich bessere Figur machen würde. Der von ihm gebotene Ablass ist auch heute noch ein Verkaufsschlager, während die „göttliche Brutalität“ Luthers (Heine) vor dem Hintergrund heutiger Realpolitik geradezu weltfremd wirkt.
Würden wir so einen wählen? Einen Mann, der uns durch sein Beispiel auf uns selbst und unser Gewissen zurückwirft? Oder würden wir Tetzel wählen, weil er uns Versprechungen macht, von denen wir zwar insgeheim wissen, dass er sie nicht wird halten können, aber der Verantwortung übernimmt - und uns unsere eigene Verantwortung abnimmt?