Das Rätsel um den fehlenden Familiensinn des Vaters schickt die Autorin auf eine Forschungsreise in die Familiengeschichte, die sich gleichzeitig als Reise in die Abgründe der deutschen Zeitgeschichte erweist. Dabei stößt sie nicht nur auf seine im Holocaust umgekommene Mutter, sondern auch auf die Geschichte dreier Brüder. Vom Dritten Reich über das geteilte Deutschland sind sie zerrissen zwischen den Fronten politischer Ideologien. Jeder versucht auf seine Weise im totalitären Regime zu überleben. „Der dritte Bruder“, der seinen Söhnen erzählte, die Mutter sei im Sanatorium gestorben, ist der Großvater der Filmemacherin, die mit ihrem Vater versucht, Verdrängung und Sprachlosigkeit zu überwinden.
Synopsis
Die Regisseurin nimmt ihren Vater mit auf eine Reise in seine Vergangenheit, die sich zu einer Art Tiefenbohrung in eine deutsche Familiengeschichte von der Nazizeit, über das geteilte Deutschland bis ins Heute entwickelt: Drei Brüder sind im Dritten Reich und im geteilten Land zerrissen zwischen den Fronten politischer Ideologien: Während Hermann bei den Nazis an der Uni Köln als Juraprofessor Karriere macht, wird Bruder Walther, der auf „Heil Hitler!“ gerne mit „Grüß´Gott!“ antwortet, an derselben Uni wegen seiner Mischehe mit einer jüdischen Frau als Nervenarzt entlassen. Er rettet die Familie rechtzeitig nach Amerika. Otto, „der dritte Bruder“ und der Großvater der Regisseurin, hat auch eine jüdische Frau. Als Rechtsanwalt glaubt er weiter an den Rechtsstaat und bleibt in Dresden, wo die drei Brüder gemeinsam aufgewachsen sind. In der Folge wird seine Frau Ruth wegen eines Kinobesuchs denunziert, während Bruder Hermann in der Nähe gerade einen Vortrag zum „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ hält. Nach dem Krieg ist Hermann Verteidiger in Nürnberg und wird Rektor der Uni Köln. Walther bleibt in Amerika und Otto in der DDR. Im Nachkriegsdeutschland treffen sich die drei Brüder noch einmal. Auf dem Foto halten sie ihre Frauen im Arm, doch eine fehlt. Als bald die Mauer Otto von seinen Brüdern und Söhnen trennt wird er vom Denunzierten selbst zum Denunzianten. Die Regisseurin findet auf ihrer Familienforschungsreise nicht nur viel über ihre Großeltern heraus, sondern erfährt vor allem auch viel über ihren Vater. „Der dritte Bruder“ richtet einen differenzierten Blick in die deutsche Vergangenheit und stellt dabei die sehr gegenwärtige Frage nach der eigenen Haltung gegenüber einem totalitären Regime.
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© Engelhardt