
© Iko Freese
Dieter Mann liest Imré Kertez
Imre Kertész zweifelt an den Menschen, an sich, an Gott, an allem. Er ist angesichts seiner nachlassenden Kraft sogar verzweifelt, weil er noch so viel aufschreiben möchte, das aber immer schwieriger für ihn wird. Er grübelt über das Leben, über den Tod und spricht der Menschheit jegliche Fähigkeit ab, sich zu entwickeln. "Die geistige Zukunft ist auf der Strecke geblieben". Wer den Schriftsteller Imre Kertész einmal erlebt hat, sieht vor seinem geistigen Auge einen immer freundlich lächelnden, fast gütigen Mann. Die andere Seite des ungarischen Autors, den skeptischen, alles hinterfragenden und zuweilen auch sarkastischen Zeitgenossen präsentierte der Schauspieler Dieter Mann am Sonntag im Bergsdorfer Mühlenhaupt-Museum. Der 72-Jährige las aus den autobiografischen Notizen "Letzte Einkehr, Tagebücher 2001 - 2009". Imre Kertész zieht darin Bilanz. Und er sieht sich trotz des im Jahr 2002 erhaltenen Literaturnobelpreises und der großen Anerkennung für sein Werk als gescheitert. Ursprünglich wollte er vor allem die neueren Einträge nicht veröffentlichen, sagt Henryk Röder vom Brandenburgischen Literaturbüro in den einleitenden Sätzen zur Lesung. Für die Leser ist es ein Gewinn, auch diesen Einblick in die Seelenwelt eines großen Schriftstellers zu erhalten.
Mit stets gleichtönender, fast rauer Stimme liest Dieter Mann. Der Schauspieler ist als Vortragender eine gute Wahl, weil dieser sonore Klang zum Gesagten passt.