Im Jahr 2019 ist Fatoni eine der unwahrscheinlicheren Figuren im deutschen Popzirkus – schon deshalb, weil er mit Mitte dreißig gerade seinen zweiten Karrierefrühling durchlebt. Schuld daran ist vor allem „Yo, Picasso“, jenes Album, auf dem sich Fatoni 2015 mit Platinproduzent Dexter duellierte und dabei eine neue Stimme fand. Es war die Platte, an die Fatoni schon selbst nicht mehr glaubte – und man muss sie erwähnen, um „Andorra“ zu verstehen. Weil in „Yo, Picasso“ schon vieles von dem steckte, was Fatoni heute zu einem so brillanten Erzähler macht: sein unglaublich präziser Blick auf das Geschehen und der gewitzte Charme, mit dem Fatoni all das kommentiert, was uns Menschen schlichtweg zum absurdesten Phänomen auf diesem Planeten macht. Wie Fatoni seine Umwelt sezierte, war schon damals ziemlich Kunst. Das Haar in der Suppe – wenn man es denn unbedingt finden wollte: Was den Menschen hinter der Künstlerpersona antrieb, ließ sich nur erahnen. „Andorra“ braucht genau einen Song, um damit zu brechen: „Alles zieht vorbei“ ist vielleicht der ehrlichste Song, den Fatoni je schrieb. In jedem Fall ist er der Ergreifendste. Und er steht endlich ganz vorne. „Früher habe ich die autobiografischen Songs immer ans Ende der Platte gepackt, weil ich mich nicht so recht traute“, gesteht Fatoni. Mit „Alles zieht vorbei” verhandelt er zum Einstieg mal eben einen Autounfall, legt diverse Angstgeständnisse ab und gesteht sich die größte Künstlerkrux überhaupt ein, das ewige Ringen um Anerkennung.