Im Mittelpunkt dieser Lesung steht ein Dichterwettkampf in München im Jahr 1919, zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Die unterschiedlichen literarischen Herangehensweisen und Verarbeitungen von Kriegserlebnissen zweier Schriftsteller stehen sich gegenüber: Der Schriftsteller Edlef Köppen aus Genthin veröffentlichte 1930 seinen Roman „Heeresbericht“, eine Abrechnung mit der Schilderung seiner erschreckenden Erlebnisse im Ersten Weltkrieg. Der aus Österreich-Ungarn stammende Rainer Maria Rilke verfasste schon 1912 seine Erzählung „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“, in der er sein Alter Ego zwischen Glorifizierung des Heldentodes und Angst vor dem Sterben schwanken lässt. Hier die noch frischen persönlichen Erfahrungen des 1. Weltkrieges im „Heeresbericht“ von Edlef Köppen in dem literarischen Genre der Neuen Sachlichkeit, dort Rainer Maria Rilkes „Cornet“, mit seiner historisierenden lyrischen Erzählung aus der Zeit des sogenannten Türkenkrieges (1663 – 1664), erzeugen spannende Fragen beim Zuschauer, vor allem am Ende eine Entscheidung.
In Form eines frühen Poetry Slams treffen die beiden Dichter mit ihren Werken aufeinander. Die Darstellungen der beiden könnten kaum unterschiedlicher sein: Rilkes romantisierender, etwas verklärter Blick auf den Helden, Köppens desillusionierende Schützengrabentragödie im Trommelfeuer. Zuschauer/Zuhörer sollen auch am Ende der Lesung entscheiden, welchen Part sie lieber gehört haben, besser fanden, gerne noch weiter hören würden.
Was wollen die Menschen hören?
Damals? Heute?
Diese Problematik soll durch die szenische Präsentation zu Fragestellungen anregen. Durch die Orientierung an das Poetry-Slam-Genre sollen mit der attraktiven
Darstellung insbesondere junge Menschen erreicht werden. Der Bezug auf die Situation 1919 ermöglicht erst einmal eine distanzierte und unbetroffene Herangehensweise, provoziert aber schon die Frage, warum der „Cornet“ von Rilke, im Ersten