Als im Jahr 2007 Sugar Rails, das Debutalbum von The Marble Man erschien, waren die Kritiker wie vom Donner gerührt. Denn die Songs des damals 18 Jahre jungen Josef Wirnshofer aus Traunstein im Chiemgau künden nicht nur von Talent: Sie vereinen Souveränität und Leichtigkeit. Drei Jahre später folgt mit „Later, Phoenix“ Album Nummer zwei. Darauf befinden sich Songs, die allesamt als Blaupause für zeitloses Songwriting herhalten könnten. Aus ihnen sprechen Ernst und Fatalismus, die man auch einem 21-Jährigen kaum zutraut. Mit „Later Phoenix“ hat The Marble Man ein klassizistisches Songwriting-Album vorgelegt. Die Strophen sind gedrechselt, die Refrains sind geschnitzt. Nun also „Haidhausen“, Album Nummer drei: Sofort erkennt man die Handschrift des Josef Wirnshofer, dennoch scheint alles anders zu sein als auf den Vorgängeralben. Hier ist die Musik ganz und gar dem Song verpflichtet. Verspieltheit und Ornamentik finden praktisch nicht statt. Wohl aber klangliche Opulenz, Tiefgang und Gewicht. Der kompromisslose Purismus dieser Produktion, die wunderschönen und meist todtraurigen Songs, die rauchige Stimme Wirnshofers, all das macht dieses Album zu etwas ganz Besonderem. Josef Wirnshofer ist ein genauer Beobachter und ein milder Zyniker. Gedanken und Eindrücke werden in ihrer Prozesshaftigkeit abgebildet. Wirnshofers Sprache ist oft bildhaft, sein Gesang immer eindringlich. Auf „Haidhausen“ stehen Atmosphäre und Ausdruck im Vordergrund, keine verspielten Arrangements. Das Ergebnis sind schwergewichtige Songs, melancholisch, raumgreifend und von einer stillen Größe.
Info
© Engelhardt