„Entrümpeln schafft nicht nur Ordnung in der Wohnung, sondern auch im Kopf.“ Was für ein Slogan. Großartig! Die Vögel zwitschern. Das Gras wächst zusehends. Es ist Zeit für Ordnung in der Wohnung und meinem Kopf. Der Frühling kann kommen, die Frühlingsrakete gezündet werden!
Welche Frühlingsrakete, fragt meine Lieblingsliebste. Ich habe nicht mit ihr gerechnet. Nun sieht sie mich vor dem Kleiderschrank stehen und Sachen anhaben, in denen ich Erfolge feierte, bevor sie in mein Leben trat. Die mittlerweile knapp sitzende rote Badehose mag mich kaum in die Nähe einer Frühlingsrakete rücken. Und auch das Unterhemd aus Fell vom sibirischen Tiger, das zwar immer noch perfekt sitzt, macht die Sache nicht besser. Vielleicht würde meine Lieblingsliebste sich zu einem Frühlingsstart hinreißen lassen, hätte ich keinen Staubwedel in der Hand.
Und hätte ich doch bloß nichts von Rakete gefaselt. Aber wie soll ich ihr erklären, was ich in der Zeitschrift gelesen habe, die mir Fred zum Frühlingsanfang schenkte? Täglich 5 Minuten investieren. In Aufräumen, Entrümpeln und auch Staubwischen. Man müsse sich von Dingen trennen, die man schon lange nicht mehr benutzt hat und vor allem von Kleidung, die man schon Jahre nicht mehr getragen hat. Dazu wäre am Besten, sie anzuziehen und sich zu erinnern, wie es war: Als Lieblingsstücke Teil des eigenen Lebens wurden, welche Freude, aber auch welchen Schmerz sie brachten. Meditative Trennung durch unmittelbares Erinnern, heißt das.
„Liebste“, höre ich mich sagen, „es ist nicht so, wie es aussieht.“ Sie harrt der Worte, die da kommen. „Entrümpeln befreit, es geht um uns“, beginne ich zu erklären. „Ich trenne mich nicht nur von Dingen und wische Staub. Ich befreie Geist und Seele von unnötigem Ballast und hole uns den Frühling ins Leben.“ „Aha.“ Meine Lieblingsliebste lächelt dünn und zeigt auf den Staubwedel. Ich strecke mich und rücke die Badehose zurecht. Sie hätte auch sagen können, die Hose sei zu eng oder so. „Du meinst, ich sollte eine andere Farbe wählen“, frage ich erleichtert. „Nein, ich möchte sagen, dass Du ins Schwimmbad ohne Staubwedel und diesem Hemd gehen solltest. Und lege Deine Geist-Seele-Trennungs-Meditationen nicht auf freitags.“ Monique, Dörte und Lis drängelten sich an meiner Lieblingsliebsten vorbei, pfeifen leise durch die Zähne und begrüßen mich deutlich reduziert: „Rrrrrr“. Wie konnte ich bloß die wöchentliche Rommé-Runde vergessen. Aber das „Rrrrrr“ funktioniert noch. Immerhin was. (olerakete)