Saalrunde Milchkaffee, Männer!
Es ist eben nicht dasselbe. Morgens halb neun in Magdeburg. Karstadt. Ich bin hier nur Gast, zumal um diese Zeit. Und ich bin ein Fremdkörper, mittlerweile. Ich bin mit dem Rad und habe keinen Kaffee. Frauen und welche, die es werden wollen, eilen wieselflink mit einem Pappbecher Latte-M. oder Cappuccino in Vorhalte durch die Fußgängerzone. Der Deckel verhindert Plempern, doch schwebt die Hand elegant und regunglos durch die Luft, gleich der stabilisierten Kanone eines Leopard-Panzers. Selbst der Tritt in ein Loch würde wohl einen Bänderriss bedeuten aber keinen Tropfen Kaffee kosten. Ein Blick in die Straßenbahn – dasselbe Bild: Es wird geschlürft und genossen. An einem kühlen Frühjahrsmorgen wie diesem kauern sie mit angezogenen Schultern, die Hände um das wärmende Glück, im Äffchensitz auf ihrem Fensterplatz und starren mit leerem Blick genussvoll in eine bessere Welt, in der schon Freitagabend ist. Das ist schick – nein stylisch.
Szenenwechsel. Alte Neustadt. Es ist mittlerweile halb zehn. Drei Männer mit je einer Flasche allerbesten Premiumbiers in der Hand stehen am NP und werten die Bundesligaspiele vom Vorabend aus. Gutes Bier, gute Skykunden. Fachlich absolut auf der Höhe des Geschehens. Vielleicht etwas laut. Gestern Abend in der Werbung waren sie mit diesem Bier in der Hand in allerbester Gesellschaft: Fußballstars und Bräute, dass einem die Luft wegbleibt. Hip und ebenfalls absolut stylisch. Ja, von diesem Gefühl wollten auch sie einen Schluck mit in den neuen Tag nehmen. Und den trinken sie aus ökologisch vorteilhaften Pfandpflaschen, die der Pappe in Design und Haptik haushoch überlegen sind und bringen sie meist – hier ist die Hand oft nicht so ruhig – wieder zurück zum NP.
Der Kaffeebecher fliegt hingegen in den Müll an der Haltestelle, obwohl er 1A recycelt werden könnte: Pappe in den Papiercontainer, Schnabeltassenaufsatz in die gelbe Tonne – falls ein grüner Punkt drauf ist, weiß ich nicht so genau.
Trotzdem wirken unsere Freunde auf andere irgendwie assi, die Frauen aber hip. Da haut doch was nicht hin!