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3400 Kilometer quer durch Europa: Sabine und ihre Hündin Rala
Ein Sommermorgen im August. Langsam schiebt Sabine ihr E-Bike auf die Straße. Aus dem Anhänger lugt Rala, die Schweizer Schäferhündin. Vor den beiden liegen 75 Tage und 3.400 km. Ziel ist der „Nullpunkt“, jener Stein hinter Santiago de Compostela am Kap Fisterra – zu deutsch: das Ende der Welt. „Die Idee mit dem Pilgerweg hatte ich schon länger“, sagt die 53-Jährige, aber es dauerte, bis sie sich ernsthaft entschloss.
5 Kilo Hundefutter und 5 Liter Wasser sind im Anhänger verstaut. Klamotten hat sie wenig dabei: nur die Trekkingsandalen, eine Radhose, Shirt und Sweatjacke. Dazu ein Regencape, Merino-Unterwäsche. „Man braucht so wenig“, stellt sie rückblickend fest. Sabine hat sich für den Camino del Norte entschieden. „Die Route am Meer ist nicht so heiß und nicht so überlaufen, allerdings mit ordentlich Höhenmetern“, sagt die Mutter von drei Töchtern verschmitzt.
Täglich fährt sie 50 km. Los geht’s in der Früh, 14 Uhr will sie auf dem Zeltplatz sein. Aber schon die erste regenreiche Nacht bringt Gewissheit: ihr Zelt hält nicht dicht. Ihr Ehemann muss aushelfen und bringt im Auto ein neues. Über Naumburg, Eisenach, Bonn geht es Richtung Frankreich. Es sind auch Tage mit ungekanntem Heimweh. Mehrfach hat sie Tränen in den Augen, ruft zu Hause an und zweifelt, ob sie durchhält: emotional und konditionell. Überhaupt macht Sabine gerade radikale Veränderungen in ihrem Leben durch. Sie musste sich mit Long Covid herumgeschlagen, dazu kommen rheumatische Probleme.
In Frankreich fällt ihr auf, dass die Autofahrer milder gegenüber Fahrradfahrern sind. Die täglichen Herausforderung heißt, Strom fürs Fahrrad zu bekommen. Unterkünfte bucht die Veganerin nicht vor, sie lässt sich treiben und „schaut, was der Tag bringt“. Wettermäßig ist alle dabei: Hitze, Starkregen, Orkan.
Sie trifft nur wenige, die mit Fahrrad pilgern, schöne Begegnungen hat sie aber: z.B. mit Ruth und Dieter, das Rentnerehepaar, das sie spontan aufnimmt und bekocht. An der Grenze zu Spanien passiert dann auf matschigem Untergrund ein Unfall, die Radaufhängung hat einen irreparablen Schaden. Doch Sabines Mann kann eher als geplant anreisen und hat ein Ersatz-E-Bike dabei. Die letzten drei Wochen schließt er sich seiner Frau an.
In Fisterra tobt zum Abschied ein Orkan, Regen peitscht. Es ist das „epische Ende einer fantastischen Tour“.Aber in summa hat sie die Tour genossen – und stärker gemacht: „Es war sehr speziell – und spirituell“.