
Engelhardt
„Mutti Zolleck“: Silke Grunert
Der blau-weiße Schal hängt immer in Griffweite - muss er ja, schließlich ist Silke Grunert nicht nur langjährige Dauerkarteninhaberin, sondern auch Mitglied des 1. FC Magdeburg. „Für Stadt und Verein“ steht auf der Stirnseite ihres „Zollecks“ und im Biergarten sind auch alte blaue Sitzschalen aus dem Stadion montiert – wie sich das für eine Fankneipe gehört. Über Jahrzehnte lag ihr „Zolleck“ an einem der Haupttrampelpfade von der Altstadt zum Stadion. Mit Rücksicht auf ihre Kneipe ist sie bei Spielen die letzte im Stadion und die erste die wieder geht.
Dass sie die Kneipe vom Vorbetreiber übernahm, war anfangs eine Sache des Zufalls. Sie wohnte im Block nebenan und wollte zunächst nur aushelfen, bis daraus mehr wurde. Manches hat sie über die Jahren mitgemacht. Als sie 2001 die Kneipe übernahm, driftete der Club gerade in die Insolvenz, aber es gab auch euphorische Partys wie zum Zweitliga-Aufstieg 2018. 2021 brannte jemand ihre Hecke zum Biergarten ab. Ihr schönsten Momente waren wohl die blau-weißen Fanmärsche über die Zollbrücke hinweg.
Am 14. Januar hat Silke ihren 24. Jahrestag gefeiert - wie sich das gehört mit einem Piccolöchen in fröhlicher Frauenrunde. Wenn es sein muss, hat Silke aber Haare auf den Zähnen, kann sie klare Ansagen machen, wenn etwas daneben läuft. Aber in ihrem Wesenskern ist sie weich und mag Harmonie. Selbst bei schlechten Spielen ist die Stimmung am Ende des Abends gut. Im „Zolleck“ wird natürlich erstmal drüber diskutiert und dann werden FCM-Lieder geträllert.
Längst hat sie das Rentenalter erreicht. Und seit vor drei Jahren ihr Mann starb, ist nichts mehr so wie zuvor. „Alles hat mal ein Ende“, sagt sie und meint damit, dass sie ihr „Zolleck“ noch in diesem Frühjahr abgeben will. Aber es soll - es muss einfach – weitergehen dort.