© Schultze Dinh
Ausschnitt Silent Abuse
In „Silent Abuse“ geht es um patriarchale (generationsübergreifende) Gewalt und toxische Männlichkeit – ergänzt gerne, wenn ihr wollt. Das ist ein wichtiges und zeitgeistiges Thema. Wie kam das Projekt zustande?
Elicia Schultze (E) & Gia Huy Dinh (H): Silent Abuse entstand aus einer Schularbeit im Fach Geschichte mit dem Titel „Von der Unterdrückung zur Emanzipation, die Frauenbewegung als Antwort auf Grenzüberschreitungen…“. Die ursprüngliche Geschichte wurde von Elicia Schultze verfasst und in Zusammenarbeit mit Gia Huy Dinh umgesetzt. Die ursprüngliche Handlung dreht sich um Maja, die 1949 in Magdeburg geboren wurde und in ihrer Jugend die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen erlebt. Sie wird in die Rolle der Hausfrau gedrängt, erfährt psychische und physische Gewalt in ihrer Ehe und findet erst durch den Kontakt zu einer anderen Frau den Mut, sich gegen das patriarchale System aufzulehnen. Aufgrund der erzählerischen Qualität entstand die Idee, die Geschichte filmisch umzusetzen. Ziel war es, die
Thematik in einen heutigen Kontext zu übertragen, da die behandelten Probleme nach wie vorgesellschaftliche Relevanz haben. Über mehrere Monate entwickelten wir auf dieser Grundlage eine neue Erzählstruktur, die auf der ursprünglichen Geschichte basiert. Die Charaktere wurden beibehalten und für die filmische Umsetzung durch ein Casting besetzt. Die Regie übernahmen Elicia Schultze und Gia Huy Dinh, unterstützt durch die Co-Regie von Manuel Waldt und die assoziierte Produzentin Emely Kropf. Zum Ensemble gehören Meeri Goldammer, John Hoffmann, Sara Isabel Horn, Jonathan Rabenstein, Katharina Semrau, Markus Bahls und Ema Mezihoráková.
Wie habt ihr euch gefunden?
E & H: Wir haben uns per Zufall kennengelernt und interessierten uns beide für Kunst was dazu führte, dass wir schnell engere Freunde wurden und dann Projekt Partner.
Und stellt euch gerne kurz vor: Wer seid ihr? Das Alter ist bei einem Erstlingswerk auch interessant. Was macht ihr gerade (Schule, Studium, Ausbildung, etc.)?
E: Ich bin Elicia, 18 Jahre, komme aus Magdeburg und gehe zurzeit noch in die Schule und bin gerade dabei mein Abitur zu absolvieren. Privat setze ich mich politisch auseinander, insbesondere im feministischen Aspekt und verbringe parallel auch gerne Zeit damit Bilder auf eine Leinwand zu bringen oder mich in anderen künstlerischen Richtungen auszuleben.
H: Ich bin Gia Huy Dinh, 18 Jahre, komme aus Magdeburg und habe dieses Jahr mein Abitur abgeschlossen. Schon während der Schulzeit lebe ich mich in der Kunst, vor allem in der Fotografie und im Film aus.
In welchem Zeitraum ist das Projekt entstanden – von der Idee bis zur Veröffentlichung?
Ende April (2025, Anm. d. Red.) haben wir mit der Konzeption des Films angefangen. Die Zeit der Pre-Production in Zusammenhang mit dem Casting und den organisatorischen Dingen verlief über mehrere Monate, bis es dann ab den 14. Juli mit den Dreharbeiten begann. Innerhalb von 14 Tagen haben wir die Dreharbeiten für unseren Film abgeschlossen und parallel die Post-Production in die Wege geleitet, welche am selben Tag der Veröffentlichung bzw. Premiere beendet wurden.
Welche Herausforderungen gab es z.B. beim Schreiben des Drehbuchs, bei den Dreharbeiten selbst oder auch drumherum? Und was waren die Lösungen dafür?
E & H: Kritik am Film. Während der Produktion wurde Kritik bezüglich unserer Herangehensweise an das Projekt geäußert. Diese Kritik wurde mit dem Voranschreiten der Dreharbeiten stärker und wir versuchten unser bestmögliches um erklärend und verständnisvoll auf die Kritik zu antworten und positiv für unser Projekt mitzunehmen und zu berücksichtigen. Stromproblem in der Bar: Strom fiel ein Tag vor dem Dreh aus, haben doch noch am nächsten Morgen geschafft einen Stromgenerator zu besorgen, der sich anfangs alle 1 ½ h ausgeschaltet hat, bis wir den Dreh raushatten und mit den ganzen Kabeltrommeln und mit allen Lichtern, die wir hatten, Licht in der Bar zu schaffen, wo wir noch dazu noch achten mussten, dass das Licht so aussieht, als ob es von der Bar kommen könnte Teilweise Unstimmigkeiten im Team: Innerhalb der ersten Drehtage kollidierten verschiedenste Visionen bezüglich der Szenen, Verhaltensweisen der Charaktere und dem Story Verlauf. Es wurde sich darüber ausgetauscht und ein Konsens gefunden, der für alle Beteiligten angenehm war. Cast ist abgesprungen: Vater Rolle, die essenziell für den Höhepunkt war, ist 2 Tage vor dem Dreh abgesprungen, weshalb wir mit den Leuten, die wir dahatten, improvisierten mussten. Und zwar haben wir [einen] Statisten, der in einer vorherigen Szene zu sehen ist, auch für die Trauma-Flashback-Szene genutzt, aber es so gefilmt, [dass] man sein Gesicht nicht sieht und seine Stimme ersetzt.
Perfektionismus: Vor allem im Schnitt und während wir die Sets aufgebaut haben. Zeitmanagement: Geplant waren je Drehtag 2-3 Szenen, doch manche Szenen waren so intensiv und aufwendig, dass wir Szenen verlegen und uns extra Drehtage nehmen mussten. Unser erster Drehtag war auch unser schwerster Drehtag, da wir einen Pub in zwei Settings umgestalten mussten, sodass dieser Pub zu einer Bar und einem Party Raum wird, wir haben lange mit der Lichtsetzung gearbeitet, bis es mit den Darstellern zur rehearsen der Szenen ging und da wir nur einen Tag für diese 2 Szenen hatten, fingen wir den Drehtag um 8Uhr an und waren erst am nächsten Tag um 4 Uhr morgens fertig Location Findung für Premiere: Wir haben mehrere Kinos/Theatersälen in Magdeburg angefragt, doch aufgrund von belegten Terminen, Renovierungen oder zu hohen Mietpreisen die wir, als 4 Jugendliche nicht stemmen konnten, haben wir glücklicherweise doch noch bei der FaJu-Brücke (Familienzentrum; Anm. d. Red) den Saal gestellt bekommen, welche uns auch noch deren Technik zur Verfügung gestellt haben.
Ihr packt da ein sensibles Thema an, u.a. Gewalt gegen Frauen. Wie hat sich das am Set auf die Zusammenarbeit mit dem Cast ausgewirkt?
E & H: Trotz der angenehmen Atmosphäre am Set und zwischen dem gesamten Team, kam es dennoch bei sensiblen Szenen zu kurzfristig bedrückenden Augenblicken. Wir als gesamte Produktionsleitung haben uns immer bereitgestellt für ein Gespräch und versucht die Situationen so angenehm wie möglich zu gestalten. Szenen die sensibel waren wurden nur mit Konsens der Akteure geplant, um niemanden zu triggern, beängstigen oder weiteres. So standen wir vor schwierigen Szenen immer im Austausch, um Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
Was sind/(waren) die Pläne für das Projekt? (Festivaleinreichung, etc.)
E: In erster Linie war es ein persönliches Projekt, in welchem es um meine eigenen, als auch die Erfahrungen anderer Frauen geht. Für mich und die Frauen, die ähnliches erlebten, wollte ich eine Plattform bieten, um darüber zu sprechen. Diese Themen sollten Präsenz haben und diese wollte ich ermöglichen. Dazu sollte es dienen, um weiterhin aufzuklären, dass auch Sachen wie z.B das Einschränken der Kleidung durch auch andere Frauen, die emotionale Last durch den Mann und „einfache“ Körperkontakte durch andere Personen ein Teil des Problems sind und es nicht immer das Große sein muss. Am Tag der Premiere konnten wir 673 Euro sammeln und die Summe durch eine nachfolgende Person auf 700 Euro erhöhen. So ist das Ziel diese Summe dem Frauenschutzhaus in Magdeburg zu spenden, als Zeichen dafür, dass keine Frau für Schutz bezahlen sollte und jeder ein sicheres Umfeld verdient. Zukünftig möchten wir mit unserem Film möglicherweise in Schulen gehen, um auch dort schon Schülern früh beibringen zu können, was Gewalt an Frauen bedeutet und wie wichtig es ist einander zu respektieren und vor allem Frauen zu stärken. Dazu wollen wir den Film bei einem Jugendfilmpreis einreichen, wobei wir möglicherweise auch eine Geldmenge gewinnen könnte, die in Teilen ebenfalls an hilfsbedürftige Organisationen gespendet wird.
Welche Film- oder anderweitigen Projekte stehen bei euch als nächstes an?
E: Für mich gibt es zurzeit kein größeres geplantes Projekt, jedoch werde ich mich weiterhin politisch positionieren und Raum für meine Erfahrungen, als auch die anderen Frauen, schaffen. Ich möchte auch zukünftig Gutes tun und möglicherweise durch meine Kunst weitere Menschen erreichen.
H: Die Idee eines neuen Filmprojektes ist bereits in Planung. Doch mehr verrate ich dazu noch nicht.

