© Wenzel Oschington
Omas Faustregel lautete einst „Gib nie mehr als ein Drittel deines Einkommens für Miete aus!“ Aber das ist graue Vergangenheit, denn die Wohnkosten steigen heutzutage schneller als die Einkommen. Viele müssen deshalb heute viel mehr als ein Drittel fürs Wohnen ausgeben – manche sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens. Denn hier haben die Menschen kaum die Wahl. Sie können oft nicht billiger wohnen, schlicht, weil es keine billigeren Wohnungen gibt. Nach konventioneller Berechnung sind in Deutschland 14,4 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Berücksichtigt man die Wohnkosten, ist das Ausmaß der Armut viel höher: Gerade hat der Paritätische dazu eine Studie vorgelegt, wonach deutschlandweit 5,4 Millionen Menschen mehr von Armut betroffen sind als gedacht.
Berücksichtigt wurden dabei nicht nur Mieter, sondern auch Eigentümerhaushalte und alle monatlichen Kosten, die ein Haushalt fürs Wohnen ausgeben muss. In den konventionellen Statistiken waren sie bislang unsichtbar. Insgesamt sind somit 17,5 Millionen Menschen in Deutschland, mehr als jeder fünfte, von Wohnarmut betroffen und Sachsen-Anhalt der Studie zufolge mit einer Quote von 28,6 Prozent am stärksten. Nur in Bremen ist der Anteil höher.
Als besonders stark betroffen gelten der Studie zufolge Rentner, Erwerblose, Alleinerziehende sowie junge Erwachsene (18-25 Jahre). In der Studie ist die Armut nach verschiedenen Kategorien der Haushaltszusammensetzung aufgeschlüsselt. Auffällig ist dabei, dass vor allem zwei Faktoren ausschlaggebend sind: Erstens, ob ausschließlich eine erwachsene Person im Haushalt lebt und zweitens, ob es eine hohe Kinderzahl gibt. Ein-Personen-Haushalte und Alleinerziehende sind in hohem Maße armutsbetroffen und von den Alleinstehenden sind mehr als ein Drittel (37,6 Prozent). Im Vergleich zur konventionellen Armutsquote liegt sie bei Berücksichtigung der Wohnkosten noch einmal rund neun Prozentpunkte höher. Ein Geschlechtereffekt ist ebenfalls erkennbar. So sind alleinstehende Frauen häufiger armutsbetroffen als Männer.