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Der Stadtläufer
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass Fußballvereine an den Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen beteiligt werden dürfen, sofern das jeweilige Bundesland es für richtig hält, lässt auch beim 1.FC Magdeburg die Alarmglocken läuten und die Angst vor einem Aufstieg von Dynamo Dresden berechtigt erscheinen. Aber die Auswirkungen reichen natürlich weiter; sie betreffen die gesamte Republik, ja die ganze Fußballwelt, weil der Rest derselben solche Regelungen nicht kennt und daher nun gegenüber dem deutschen Fußball einen echten Wettbewerbsvorteil hat. Noch beschränkt sich die Praxis freilich auf das Bundesland Bremen, das den Stein vor zehn Jahren ins Rollen gebracht hat – die anderen Bundesländer haben entweder bereits erklärt, sich dieser Praxis nicht anschließen zu wollen oder zögern noch (wie etwa Sachsen-Anhalt). Ob es zu einer einheitlichen Vorgehensweise und einer Art Solidarfonds kommt, in den alle Vereine gleichermaßen einzahlen, erscheint überaus fraglich, denn es gibt im deutschen Profifußball auch Vereine wie den FC Heidenheim oder die SV Elversberg, die vermutlich nie an einem Hochrisikospiel beteiligt sein und sich daher zurecht fragen werden, warum sie für die Rabauken der anderen Vereine in die Tasche greifen sollen. Werden daher tatsächlich nur jene Vereine zur Kasse gebeten, deren Fans an Hochrisikospielen beteiligt sind, kann das sehr schnell existenzbedrohend werden: als der FCM noch in den Niederungen der 4. Liga gegen den HFC spielte, hatten die Polizeieinsätze dabei dennoch die Dimension eines Hochrisikospiels der 1. Liga, und hätten beide die Mehrkosten tragen müssen, wäre dafür der halbe Saisonetat draufgegangen. (Vermutlich würde es beide Vereine dann gar nicht mehr geben, was zumindest in einem Fall ausgesprochen schade wäre.)
Mit den mehr als anderthalb Milliarden Euro, die der deutsche Profifußball jährlich an Steuern entrichtet (sowie der noch nicht mitgerechneten Summe X, die die gut verdienenden Spieler berappen), sind sämtliche Mehrkosten eigentlich mehr als abgegolten, sollte man meinen. Oder gehen in Zukunft auch noch Rechnungen an die Spieler? Und wer überprüft eigentlich die Rechnung, die die Polizei stellt?
Abgesehen von all diesen Unklarheiten und der Tatsache, dass die Vereine auf Art und Umfang der Polizeieinsätze ja keinerlei Einfluss haben, macht das Urteil natürlich ein Fass ohne Boden auf, denn gerade vor dem Hintergrund des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt und dem allgemeinen Ruf nach erhöhten Sicherheitsvorkehrungen, müssten schließlich sämtliche Veranstaltungen, mit denen eine Gewinnerzielungsabsicht verbunden ist, gerechterweise genauso behandelt werden wie Fußballspiele. Das beträfe jeden Weihnachtsmarkt, das Oktoberfest und jedes andere Volksfest, jedes Open-Air-Konzert und jedes Public Viewing. Und es beträfe auch jeden Parteitag und jede Wahlveranstaltung (insbesondere der AfD), denn auch hier gibt es schließlich sowohl erhöhte Sicherheitsvorkehrungen als auch eine Gewinnerzielungsabsicht, da die Parteien ja für jede Stimme, um die sie hier werben, nach der Wahl Geld erhalten. Die Parteien dürfen gern mit gutem Beispiel vorangehen.