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Der Stadtläufer
Obwohl die Stadt im nun schon zweiten Jahr nacheinander eine Haushaltssperre verhängt hat und der aus der Intel-Ansiedlung erhoffte Reichtum mindestens noch auf sich warten lässt, fehlt es in Magdeburg nicht an großen Visionen, wenn es gilt, relativ kleine Probleme zu lösen oder einfach hinzunehmen. So wurde vor gut einem Jahr von einigen Verantwortlichen des FCM vom Bau eines größeren Stadions geträumt, nur weil sich der Club nach 5 Spieltagen in der Spitzengruppe der 2. Liga befand und das Stadion zweimal ausverkauft gewesen war. Diese Träume wurden allerdings recht rasch und ziemlich stillschweigend begraben, als die Erfolgsserie unmittelbar darauf nachhaltig riss.
Derzeit werden ähnliche Träume hinsichtlich eines neuen Magdeburger Handballtempels geträumt, zumal der aktuelle in die Jahre gekommen und sanierungsbedürftig ist. Man muss gerechterweise einschränken, dass diese Träume diesmal nicht so sehr von den Clubverantwortlichen als vielmehr von der Stadt geträumt werden. Die Träume werden sogar schon Gedankenspiele genannt und ein Standort wurde auch schon ausgesucht. SCM-Geschäftsführer Marc-Henrik Schmedt bleibt indes wohltuend realistisch und will sich lieber mit der aktuellen Situation arrangieren, als Luftschlösser bauen zu wollen oder bauen zu lassen. Denn eine Sanierung im laufenden Spielbetrieb ist nicht möglich und einen Umzug (etwa nach Braunschweig) würde „der Verein nicht überleben“. Dass der gemeine Handballfan weniger flexibel, mobil und reiselustig (weil im Schnitt nun einmal auch deutlich älter) als der gemeine Fußballfan ist, ist ein offenes Geheimnis.
Daher bliebe, um das Problem zu lösen, tatsächlich nur ein Neubau, der denn auch die Zuschauerkapazität deutlich erhöhen soll. Allerdings sind auch die Heimspiele des SCM keineswegs immer ausverkauft, so dass Schmedt durchaus keinen Bedarf für eine Kapazität jenseits der 10.000 Zuschauer sieht. Das werden die Visionäre in der Verwaltung nicht gern hören, aber es ist eine realistische Einschätzung. Mit anderen Worten: ein Neubau würde nur zu einer vergleichbaren Arena an einem anderen Ort führen, der allerdings ebenfalls in Ostelbien liegt, so dass sich nicht einmal die Verkehrsprobleme verringern würden.
Eine weitere Vision ist der Umzug des Naturkundemuseums ins AMO, das die Stadt einfach nicht loszuwerden scheint, obwohl sie es schon mehrfach versucht hat. Denn obwohl es als Veranstaltungsort bald nicht mehr benötigt wird, bricht regelmäßig ein heftiger Proteststurm los, wenn man seine Schließung erwägt. Denn das Kulturhaus ist mit zahllosen sentimentalen Erinnerungen verbunden, die freilich nicht im Betrachten naturkundlicher Exponate bestehen. Es könnte also auch bei einer Sanierung mit gleichzeitiger Umwidmung zu heftigen Protesten kommen, so dass die neue Halle vielleicht doch gebaut werden sollte, damit in die dann überflüssige Getec-Arena das Naturkundemuseum einziehen kann.