
© Hanna Stoppe
H2 Es lebe der Sprühling
Ein gesprühter Spruch an der Elbuferpromenade zieht Blicke auf sich: „Femizide sind keine Einzelfälle“! Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass der Ort nicht zufällig gewählt ist, denn vis-a-vis zur Ufermauer steht die Parteizentrale der CDU. Man darf es wohl als Anklageschrift verstehen. Ähnlich ist es mit dem Schriftzug „Gewalt an Frauen hat System“ an der Großen Diesdorfer Straße. Auch dort ist der Ort offenbar nicht zufällig, von hier führt der kurze Weg in den Glacispark. Solche Street Art ließe sich beliebig fortsetzen. Mal sind es die Stromverteilerkästen, die im Wochenrhythmus mit Reichsflagge und als Antwort mit einem Antifa-Schriftzug besprüht sind, anderswo ist es das auf eine gezogene Sperrlinie geschriebene „Fick Autos“.
Unter dem Titel „Es lebe der Sprühling“ legt die Hochschule Magdeburg-Stendal nun in einer Exposition die Seminar-Ergebnisse des Studiengangs Soziale Arbeit offen. Unter Projektleitung von Prof. Dr. Christoph Damm hatten sich die Studenten auf eine Entdeckungsreise durch den urbanen Raum begeben, auf der Suche nach eben jener Streetart. Unter Anwendung dokumentarischer Bildanalyse haben sie Interpretationen aus Perspektive der Sozialen Arbeit entwickelt. Die Ergebnisse zeigen, dass Streetart mehr als nur eine Form der ästhetischen Gestaltung des öffentlichen Raumes oder gar Vandalismus ist. „Es ist ein Indikator, dass es da Gesprächsbedarf gibt, aber keine adäquaten Räume“, bringt es Prof. Damm auf den Punkt, der darin „Akte der Rebellion“ sieht. So bietet die Schau einen einzigartigen Einblick in die Lebenswelten von Menschen und kann als Thematisierungsraum dienen, um soziale und kulturelle Themen zu diskutieren und zu reflektieren.