1 von 5

© Jens Wolf
Brauerei Bodensteiner
2 von 5

© Conrad Engelhardt
Seit Herbst 2024 hat die Bodensteiner Brauerei wieder ein eigenes Brauhaus.
3 von 5

© Bodensteiner Archiv
Ansicht der Brauerei nach Fertigstellung des Sudturms in den 1930er Jahren
4 von 5

© Brauerei Bodensteiner
Im April eröffnet der Bodensteiner Biergarten und im Gewerbepark Gommern entsteht die neue Brauerei. Schon im Herbst kann hier der erste Sud abgefüllt werden.
5 von 5

© Conrad Engelhardt
Der Biergarten im Gutspark wurde im Frühling 2024 feierlich eröffnet.
„Irgendwie hat mich unsere Familiengeschichte in Magdeburg nie ganz losgelassen“, sagt Olav Skowronnek und schaut dabei aus dem Fenster der Familienvilla an der Sieverstorstraße hinüber zum Sudturm auf der anderen Straßenseite. Gebaut hat die sein Vorfahre Emil Grünwald. Die Familie war vor dem Zweiten Weltkrieg mit einem erheblichen Anteil an der Brauerei Bodenstein beteiligt. Als der Betrieb nach dem Krieg verstaatlicht wurde, ging seine Familie in den Westen.
2021 ergab sich für Skowronnek die Gelegenheit, das Haus des Urgroßvaters und die marode Brache drumherum zu erwerben. Ein Besuch mit seinem bereits 85-jährigen Vater, der die Brauerei noch aus Kindertagen kannte, rührte den zu Tränen. So kam eins zum anderen. Aber warum tut sich einer wie Skowronnek, der es in NRW mit einem Versicherungsdienstleister zu Wohlstand gebracht hat und jetzt ein entspanntes Leben haben könnte, so ein Abenteuer an? „Beim Besuch mit meinem Vater in Magdeburg ist auch mir einfach das Herz aufgegangen,“ blickt er zurück. Von Anfang an hieß seine Idee, das Bodensteiner Bier wiederaufleben zu lassen und dafür „das Geld zu investieren, dass ich in meinem Leben verdient habe“.
Äußeres Markenzeichen der Brauerei ist bis heute eben jener Sudturm. 38 Meter hoch ragt er in den Himmel über der Alten Neustadt. Als er 1936 errichtet worden war, wurde er auch wegen seiner markant gestuften Dachkonstruktion schnell zum Markenzeichen. Die Brauerei konnte da bereits auf eine über hundertjährige Tradition zurückblicken.
Gegründet worden war sie August 1823 vom Kaufmann und Gutsbesitzer August Leberecht Bodenstein auf seinem Gutshof in der Sieverstorstraße. Noch Jahre bevor die Industrialisierung in der Stadt richtig in Schwung kam, nutze das Unternehmen als eines der ersten in Magdeburg industrielle Anlagen für die Produktion. So stand hier frühzeitig eine Dampfmaschine, später erwarb man als erste Brauerei der Stadt eine Eismaschine, was einen geregelten Kühlbetrieb ermöglichte. Die Einführung des Lagerbiers, des sogenannten „Bayerischen Biers“, steigerte damals die Bekanntheit der Bodensteiner Brauerei über die Region hinaus.
Nach dem Tod des Gründers führte sein Sohn Franz das Unternehmen ab 1877 weiter und produzierte bald das in der Region beliebte „Bodensteiner Kulmbacher“. Aber er starb viel zu früh und so wurde die Brauerei 1886 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Aktien aber weitgehend im Familienbesitz blieben.
Passend zum 100. Jubiläum der Brauerei blühte in den 1920er Jahren das Geschäft, hatte die Brauerei zu jener Zeit bereits Zweigniederlassungen u.a. in Calbe und Wolmirstedt. Längst aber hatte man in der Stadt konkurrierende Brauereien, wie die Magdeburger Actien-Brauerei jenseits des Bahndammes in der Neuen Neustadt. Aus jenen Jahren gibt es eine fröhliche Anekdote: Für deren neue Biermarke Diamant hatte der Schriftsteller Bert Brennecke 1937 den Slogan „Stadt und Land trinkt Diamant“ gedichtet, der nun an der Eisenbahnbrücke über die Lübecker Straße hing. Aber man überwarf sich. Nur zwei Jahre später textete Brennecke für die Brauerei Bodenstein den Retour-Slogan „Aber unsereiner trinkt Bodensteiner“. Man ließ es sich nicht nehmen, auch den als Spruchband an der Eisenbahnbrücke anzubringen, so dass bei der Fahrt in die Stadt zunächst der Diamant-Spruch und dann wie eine Antwort darauf der Bodenstein-Spruch zu lesen war.
Wenige Jahre später lag die Stadt am Ende des Zweiten Weltkriegs in Schutt und Asche. Die Brauerei überstand den Feuersturm, wurde aber bald enteignet und in den VEB Börde-Brauerei Magdeburg umgewandelt. und 14 Jahre später als „Werk II“ Teil des neu gegründeten VEB Vereinigte Brauereien Magdeburg.
Die größte Zäsur kamen nach 1990. Wenige Monate nach der deutsch-deutschen Vereinigung wurde der Braubetrieb eingestellt. Zwanzig Jahre später sorgt Olav Skowronnek dafür, dass es in der Alten Neustadt wieder Bodensteiner Bier gibt. Im letzten Jahr entstand in Gommern, dort wo auch das Tochterunternehmen „BrauSerei Gommern“ ansässig ist, eine eigene Braustätte. Neben den beiden Bierspezialitäten Pils und Helles werden dort auch sechs Sorten Fassbrause hergestellt.
Auch an der Sieverstorstraße hat sich in den vier Jahren viel verändert. Zunächst wurde vorn an der Straße ein Bodensteiner Werksverkauf eingerichtet. Im letzten Frühjahr konnte dann der Bodensteiner Biergarten im Gutspark eröffnen. Und die Villa Grünwald – der ehemalige Familiensitz der Gründerfamilie – ist mittlerweile komplett restauriert und originalgetreu wiederhergestellt. Insbesondere die äußeren Verzierungen und die Vertäfelungen sowie Deckenmalereien im Inneren sind entsprechend der Originalfotografien aus dem Familienarchiv rekonstruiert worden.
Und die Entwicklung geht weiter: In Gommern wird die Brauproduktion stetig erweitert. Schon ab dem 1. April zieht auch der Werksverkauf mit in den Gewerbepark. Dort sind künftig auch Brauereiführungen möglich, die das Bierhandwerk spannend und humorvoll erklären und Verkostungen der Biere und Brausen beinhalten. Auch der Biergarten soll bald eine Erweiterung bekommen, dazu wird es neue Biersorten geben, die an die Historie der Brauerei anknüpfen.
Brauerei Bodenstein
Sieverstorstraße 50, 39124 Magdeburg
Bitte aktivieren Sie JavaScript.
Di-Fr 15-22 Uhr, Sa-So 11-22 Uhr, Änderungen in den kühlen Monaten möglich