Fasten würde mein Leben verändern, meinem Körper zumindest mal ganz gut tun, meinte meine Lieblingsliebste, und meinem Kopf auch, schob sie hinterher. Was denn mit meinem Körper und Kopf wäre, fragte ich. Beides sollte mal entspannt werden. Entspannt? Ich sollte mich entspannen?! Wenn jemand entspannt bin, dann ja wohl ich! Ja gut, ich pflege regelmäßiges Überfressen, das zu einer gewissen Anspannung führt. Aber dafür kann ich nichts. In Gaststätten esse ich nun mal restlos auf, was auf meinem Teller ist, auch wenn die Portionen riesig sind. Ich sehe es auch nicht ein, mir nur Vorspeisen zu bestellen, obwohl ich weiß, dass meine lieben Kinder ihre Riesenportionen nie schaffen und ich dann der Resteesser bin. Lieber platze ich, als halbvolle Teller abräumen zu lassen. Und prinzipiell nehme ich All-you-can-eat-Angebote immer ernst. Aber wenn meine Lieblingsliebste meint, ich sollte fasten, dann wäre es unklug, nicht zu fasten. Lieblingsliebste gibt‘s nun mal nicht ohne Opfer.
Fred war entsetzt, als ich bei unserem wöchentlichen Freunde-Bier-Treffen die erste Kümmerling-Bier-Runde ausschlug. Ob ich versehentlich die „Brigitte“ oder so Zeug gelesen hätte, fragte er. Fasten? Entspannung? Er winkte genervt ab. Gemüsebrühen, Säfte und Darmspülungen wären nicht nur unvernünftig und ungesund, sondern in keinster Weise entspannend. Warum auf Kümmerling-Bier-Runden verzichten, wenn gerade die entspannen? Wieder mal bewahrte Fred mich vor einer Unvernunft. Wir bestellten unsere üblichen Runden, verzichteten auch nicht auf die besten Currywürste der Welt mit doppelt Pommes und entspannten beim gemeinsamen Sinnieren über den Unsinn des Fastens. Fastende Frauen! Mit der Zeit werden sie dünn, blass und schmallippig. Sie bekommen sprödes Haar, Augenringe und Riffelfingernägel. Und sie reden komisches Zeug, fordern ihre Männer auf, ebenfalls zu fasten, damit diese entspannter werden. Wir könnten ja mal Fasten-Fasten, also uns der Enthaltsamkeit gegenüber dem Fasten üben. Oder besser: Wir pflegen Enthaltsamkeit gegenüber jenen, die meinen fasten zu müssen. Noch besser: Wir enthalten uns allem, was auch nur ansatzweise mit Enthaltsamkeit zu tun hat.
Fred schlug vor, die Fastenzeit mit barocker Üppigkeit zu beginnen. So endete unser Freunde-Bier-Treffen ausnahmsweise nicht mit Kneipenschluss, sondern bei mir zu Hause. Ich fand, wir waren sehr entspannt. Meine Lieblingsliebste sah das anders. Gut, ich hätte darauf achten sollen, dass Fred seine Schuhe auszieht, bevor er sich mit ins gemeinsame Bett legte. Meine Lieblingsliebste hat jetzt erst mal Enthaltsamkeit mir gegenüber beschlossen. Sie will überlegen, davon zu lassen, wenn ich eine Fred-Fasten-Zeit auf Dauer einlege. Das würde aber mein Leben total verändern. (Olefastet)