© Engelhardt
Als Mechthild geboren wurde, war die Marienkirche des Klosters Unser Lieben Frauen bereits ein religiöses Zentrum der Stadt
Am nördlichen Ende des Fürstenwalls, hoch überm Elbufer, „schwebt“ eine Frauengestalt aus durchscheinendem Kunststoff. Die Plastik stellt Mechthild von Magdeburg, eine Mystikerin des 13. Jahrhunderts, dar. Anlässlich der Wiedereröffnung der Klosterkirche und der Erweiterung der Ausstellungsräume des Kunstmuseums steht sie im Zentrum eines Projekts des Magdeburger Musikvereins unter der Gesamtleitung von Carsten Gehrt, das ihr Leben und ihre Visionen zum Ausgangspunkt eines modernen szenischen Mysterienspiels macht. „Es geht nicht um eine biografische Erzählung des Lebens der Mechthild oder darum, ihre Visionen theatralisch darzustellen“, erklärt Regisseur Thomas Schmidt-Ehrenberg.
Das Stück bringt Sänger, Instrumentalisten und Tänzerinnen auf die Bühne. Kompositionen von Reiko Füting schlagen dabei die Brücke vom Mittelalter ins Heute. Hinzukommen elektronische Klänge von Oliver Schneller sowie Live-Projektionsmalerei von Helge Leiberg. An drei Orten – im Kunstmuseum, in der Klosterkirche sowie im Skulpturenpark – werden Mechthilds inneres Erleben, ihre inneren Zwänge und Konflikte, ihre Sehnsucht nach Harmonie sinnlich erlebbar. „Dabei ist der Blick auf ihre psychische Verfasstheit durchaus einer von heute“, so Schmidt-Ehrenberg: „Mich interessiert die Persönlichkeit dieser Frau, die einerseits offen war für mystische Erfahrungen, andererseits ihre Visionen, ihre individuellen Gotteserfahrungen durch ihre Schriften mit anderen teilte – ungefiltert durch die Kirche. Diese Frau war mutig wie kreativ.“
Die Initialzündung für das moderne Mysterienspiels war, es am historischen Ort, dem Kloster Unserer Lieben Frauen, zur Uraufführung zu bringen. Als Prolog werden die Besucher vorbei an Stationen mit musikalischen Installationen durch die Räume des Kunstmuseums geführt. Der Hauptteil des Abends findet im frisch restaurierten Kirchenraum statt, in dem sich für die Zuschauer verschiedene visuelle und auditive Wahrnehmungsperspektiven auftun, die sich zu einer sinnlich-holistischen Gesamterfahrung verbinden. Der Epilog bietet nochmals eine andere Szenerie: Er findet vor der Kirche im Skulpturenpark statt und wird von den fünf Tänzerinnen gestaltet.