So richtig voran kommt der Radverkehr in Magdeburg nicht. Zwar nutzen jetzt 13% der Magdeburger für Ihre Wege das Fahrrad. Das ist gegenüber dem Prozentsatz von 2008 (10%) eine Steigerung, verglichen mit anderen Städten jedoch nur ein sehr kleiner Zuwachs. „Beim großen bundesweiten Fahrradklimatest 2014 des ADFC wurde das Fahrradfahren in Magdeburg von den Radfahrern /…/ mit der Schulnote von 3,9 ausgesprochen schlecht bewertet. Gerade in punkto Sicherheit und Führung der Radfahrer im Straßenverkehr /…/ besteht in Magdeburg erheblicher Verbesserungsbedarf“, heißt es im Aufruf zum 5. FahrRad-Aktionstag am 20. Juni.
Nun scheint gerade das umstrittene 100-Millionen-Bauvorhaben, der Tunnel unter den Bahnhofsbrücken, den Radverkehr voran zu bringen. Wie Philipp Seehausen, Fahrradverkäufer bei Little John Bike, erzählt, sind unmittelbar nach Bekanntgabe der Umleitungsrouten die Fahrradverkäufe nach oben geschnellt. „Die Leute aus den westlichen Stadteilen wollen in den nächsten Jahren ohne Stau pünktlich ihren Arbeitsplatz in der Stadt erreichen“, berichtet er.
Seit Anfang Mai können Autofahrer nur noch in einer Richtung – also von der Innenstadt zum Ring oder nach Stadtfeld fahren. In die City geht es nur noch weiträumig. Die Ringabfahrt am Adelheidring bleibt gesperrt. Auch die MVB werden ab Juli ihr Netz komplett umkrempeln. Die eingleisige Führung unter den Brücken führt dazu, dass nur noch zwei statt der bisher 4 Linien unter den Brücken rollen können. Die Radfahrer müssen sich an der Nordseite unter den Brücken mit Fußgängern einen 3 Meter breiten mit VZ-Nr. 240 beschilderten „Gemeinsamen Rad- und Fußweg“ teilen. Es wird natürlich erwartet, dass die Radfahrer Rücksicht nehmen. Die Lösung ist sicher nicht optimal; sie erspart uns Radfahrern allerdings lange Umwege. Wir sind froh, die Baustelle in beiden Richtungen passieren zu können und dass gegenüber den ersten Vorstellungen der Verkehrsbehörde („Radfahren geht gar nicht!“, „Nur in einer Richtung!“ oder „Radfahrer absteigen!“) dieser Kompromiss zustande gekommen ist. Allerdings: Die „Bettelampel“ mit dem Druckknopf muss weg und noch durch eine richtige Ampel ersetzt werden. Damit Radfahrer endlich als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer behandelt werden, möchte ich rufen: „Fahrt beim 5. FahrRad-Aktionstag mit.“ Meine Hoffnung: Wer wegen der Mammutbaustelle vier Jahre mit dem Rad zur Arbeit gefahren ist, der wird auch in Zukunft das Rad öfter nutzen, denn Fahrradfahren macht Spaß, ist gesund und schont Umwelt und Geldbeutel.
Jürgen Canehl ist Vorstandsmitglied im ADFC Regionalverband Magdeburg und Mitorgaanisator des Magdeburger FahrRad-Aktionstages