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Stadtbaurat Johannes Göderitz
Die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg war groß. Bestehende Quartiere in der vom Festungsring eingezwängten Altstadt bestanden oft auf engstem Raum in lichtlosen Hinterhöfen und bei entsetzlichen hygienischen Verhältnissen. An Grünflächen war nicht zu denken. So zählte für den neuen sozialdemokratischen OB Hermann Beims die Schaffung von Wohnraum zu den dringlichsten Aufgaben. Basierend auf einem Generalsiedlungsplan ließ er an den Stadträndern preiswerten Baugrund für Siedlungen erschließen. Anders als in den Mietskasernen der Altstadt standen bei deren Planung der Mensch und seine Bedürfnisse im Vordergrund, es ging um Licht, Luft und Grün, auch darum, die Welt in der anbrechenden neuen Zeit etwas gerechter zu gestalten.
Erstes Großprojekt war die „Siedlung an der Großen Diesdorfer Straße“. In der Planung war sie nicht zufällig an den westlichen Stadtrand gesetzt, sollte sie doch die Nord-Süd-Ausrichtung der Stadt entlang der Elbe mildern und den Lückenschluss mit dem 1926 eingemeindeten Diesdorf herstellen.
Ursprünglich sollte sich die Siedlung vom heutigen Westring bis zum Westfriedhof erstrecken – 5.000 Wohnungen waren geplant. Ihre Gestaltung war bis ins Detail durch Funktionalität und klare Gliederung geprägt. Die drei bis viergeschossigen, kubischen Bauten mit Flachdächern wurden so angeordnet, dass sie auf begrünte Innenhöfe führten. Ein durchgehender alleeartiger Grünzug sollte die Siedlung mit der Wilhelmstadt verbinden. Die durchschnittliche Größe der Wohnungen betrug 63 qm, dank großzügiger Grünflächen zwischen den Häusern lebten hier pro Hektar nur ein Drittel so viele Menschen wie in den Altstadtquartieren. Besonders attraktiv war das Projekt durch die hygienischen Standards: In sämtlichen Wohnungen war ein Bad vorgesehen, geheizt wurde über Einzelöfen. Außerdem waren die Wohneinheiten mit Balkonen ausgestattet. Bis 1930 wurde der erste, 2.000 Wohnungen umfassende Abschnitt fertiggestellt. Dabei blieb es. 1931 bekam sie den ehrenvollen Namen jenes Mannes, der die Weichen für ihre Entstehung gestellt hatte: Hermann-Beims-Siedlung.
Mit einem Festjahr wird nun das hundertste Jubiläum der Siedlung begangen. Aber das ist nur der Anfang: es folgt am 14. Juni ein Flohmarkt (Pappelallee), dann am 14. September der „Tag des offenen Denkmals“ in der Musterwohnung „Neues Bauen“ und schließlich der „Winterzauber in der Beimssiedlung“ am 26. November.