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Мир для України!
Als die Printvariante dieser Kolumne entstand, bibberten noch alle dem Wahlergebnis entgegen. Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen und freut sich darüber, dass es mit Ach und Krach eine Handbreit neben der braunen Pfütze am ausgetrockneten Boden aufgeschlagen ist.
Jeder hat andere Coping-Mechanismen. Ich zum Beispiel sitze apathisch vor Serien, die ich nur nebenbei wahrnehme. Vielleicht pult ihr euch jetzt Wochenende für Wochenende Erbrochenes aus der Latzhose; kippt euch dabei gottlos viele Elektrolyte in den Schlund; die Selbstachtung geht auf Snooze; Bier-, Vodka- und Bananensaftreste aus dem Aschenbecher werden zusammengeschüttet, um den Kotzegeschmack mit fünf anderen Aromen zu bedecken, die straight aus dem Körperinneren kommen. Wie gesagt, jeder geht damit anders um.
Aber der Rückgriff auf gewohntes ist auch in der Film- und Serienindustrie vertraut. IPs, also »Intellectual Properties« (geistiges Eigentum), wie Hollywood seine Marken, Ideen und Profitmaschinen nennt, sind heutzutage Alpha und Omega – ganz egal, wie sinnig oder unsinnig es scheinen mag. Richtig geraten - der Silvesterklassiker »Dinner for One« bekommt eine Serienadaption: »Dinner for Five«. Nein, das ist kein billiges Cash-in, wie etwa seinerzeit bei dem Thriller »The Perfect Host«, der hierzulande – in der Hoffnung, die gemeine Kartoffel würde jeden Esel als Pferd kaufen, solange der Sattel mit Nostalgie geschmiert ist – unter der grenzdoofen Titelinnovation »Dinner For One – Eine mörderische Party« verkauft wurde. »Dinner for Five« ist eine Prequel-Miniserie, die 50 Jahre vor dem (18-minütigen!) Kult-Sketch angesiedelt ist und die vermeintliche Vorgeschichte zu eben jenem 90. Geburtstag.
Der erzählerische Mehrwert zieht sich daraus, dass wir eine ernstgemeinte Erklärung dafür serviert bekommen, warum Miss Sophie an ihrem 90. Geburtstag alleine mit James in der Bude hockt. Was ist mit dem Herren passiert, die Butler James im Original-Sketch so trinkfest vertreten muss. Einfaltspinsel wie ich hätten gedacht, Admiral von Schneider & Co. seien alle irgendwann dem Alter erlegen. Das macht den Sketch in meiner Wahrnehmung zumindest auch immer augenzwinkernd melancholisch – Freundschaft bis in den Tod und so. Aber nein, alles Quatsch. Das Team von UFA Fiction bedient sich lieber am Persiflage-Prequel-Roman »Dinner for One – Killer for Five«, des Hamburger Sachbuch-und Krimiautoren Michael Köglin. Deutschland – natürlich machen wir aus eine Sketch eine Krimiserie.
Zur Story: Anfang des 20. Jahrhunderts lädt sich eine junge Miss Sophie (Alicia von Rittberg) vier Heiratskandidaten auf ihren englischen Landsitz ein – die finanzielle Not im Hinterkopf. Dabei unterstützt sie ihr (herzens)treuer Butler James (Kostja Ullman). Die Kandidaten sind Mr. Pommeroy (Moritz Bleibtreu), Mr. Winterbottom (Frederik Lau), Sir Toby (Jacob Matschenz) und Admiral von Schneider (Christoph Schechinger). Und selbstredend gilt es einen Mord zu lösen, der zu Beginn alle Anwesenden erschüttert. Mittels Wettkämpfen wollen Sophie und James nun den Mörder entlarven. Verrückt. Auch ansonsten sieht der Cast schwer vertraut aus. Keine Experimente: u.a. Ulrich Noethen, Wotan Wilke Möhring, Sönke Möhring, Tom Beck, Michael Kessler, Vladimir Korneev, Dietrich Hollinderbäumer, Max von Pufendorf, Britta Hammelstein, Barbara Meier.
Ich finde es ja klasse, dass wir eigene IPs aufbauen wollen, aber… SO? Ich meine, wenn DAS jetzt der heiße Shizzle ist, gar kein Problem, liebe UFA Fiction, dann kommen hier ein paar Ideen, die mit Sicherheit nicht weniger Potenzial mitbringen:
French Fries Connection – Das Palim Palim Prequel: Wie kamen die zwei Knastbrüder aus Hallervordens Kult-Sketch an diesen Punkt? Drama, Drogen, Fritten. (Sketchup)
Klöbner – Das Herren im Bad Prequel: 35 Jahre vor der infamen Badewannen-Begegnung mit Herrn Müller-Lüdenscheidt, ist Dr. Klöbner ein zerrissener Auftragskiller, mit einem Gummi-Enten-Fetisch. (Loriot)
Karl Ranseier lebt!: Niemand hatte so ein bewegtes Leben wie Karl Ranseier. In einer 10-teiligen Miniserie erleben wir Ranseiers Abenteuer! (RTL Samstag Nacht)
Kentucky Forever!: Was ist in dieser Filiale der US-amerikanischen Hähnchenrösterei passiert, bevor die Mitarbeiter angefangen haben, sich in Spoonerismen a la »da werd’ ich aber bächtig möse!« zu unterhalten? Tatsächlich erzählt diese Dramady die Geschichte von Stefan, der 20 Jahre vor der Sketchserie als Reinigungskraft in der Filiale anfängt, um die finanziellen Verpflichtungen seiner Mutter zu stemmen. Er arbeitet sich hoch, scharrt einen Haufen Misfits um sich und droht an dem Druck letztendlich zu zerbrechen – bis er eine besondere Coping-Strategie entwickelt… (RTL Samstag Nacht)
Hallo liebe Liebenden!: 20 Jahre bevor Brisko Schneider ein queeres Talkformat im Rahmen der »Wochenshow« hat, muss sich ein 14-jähriger Christian Brekenbiek, Sohn einer Schneiderin, im konservativen Dörfchen Briskenstedt gegen das Spießbürgertum behaupten – mit seinem Coming-out. (Die Wochenshow)
Lustige Sketche an: rob@dates-online.de
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