Montagstimmung, oder Lara, der Fluss und das Huhn

Magdeburger Filmkolumne "Nachgeschaut"

Ach Gott, im November herrscht bewegtbildtechnisch aber auch eine Grundstimmung wie bei Omas Sechzigstem: Aufgewärmte Kamellen, viel Vergangenheitsbewältigung, wenig Neues – und am Ende erzählt dir jemand, dass früher alles besser war.

Ich war unter anderem auf den Filmkunsttagen unterwegs. Als Eröffnungsfilm lief das Charakterstück Lara, sicherlich der deutscheste Film der Saison: Loriot-eske Situationsgrotesken, suizidgefährdete Beamte und Debatten über klassische Musik. Corinna Harfouch in der Titelrolle zieht einen gewohnt überzeugenden Dauerflunsch, verkraftet ihren Sechzigsten nur so mittel und versucht das Klavierkonzert ihres Sohnes auf eigene Faust auszuverkaufen, ärgert sich aber gleichzeitig darüber, dass der Bengel die Karriere verfolgt, die sie selbst gern gehabt hätte. Besagter Piano-Nachwuchs wird gespielt von Tom Schilling, gewohnt überzeugend, mit seinem Garfield-Gesichtsausdruck. Ein Tag in Berlin, so schön wie offene Pulsadern – juchee! Der Film startet hierzulande am 7. November in den Kinos. Und damit die Teeniefans unter euch, noch ein bisschen neidisch sein können: Tom Schilling war bei der Eröffnung der Filmkunsttage anwesend. Hätte gerne frech meine Visitenkarte zugesteckt aber durch die ganzen Selfiegeier kommste nicht durch!

Auf eines kann man sich in Stadtfeld verlassen: das OLi-Kino. Ich fühle mich zwar auch in der unpersönlichen Abgeschiedenheit leergefegter Multiplexe wohl, aber für das besondere Erlebnis – nein, kein Quickie – kehre ich auch lieber in Programmkinos mit Flair ein. Am 10. November lohnt sich ein Besuch im OLi. Gezeigt wird der Kinderabenteuerfilm Flussfahrt mit Huhn, aus dem Jahr 1984, geschrieben und inszeniert von Arend Agthe. Die kleine Johanna verbringt die Sommerferien bei ihrem Opa. Über Umwege wird sie Teil der Piratenbande ihres Cousins und geht mit den Jungs auf große Reise. Natürlich nicht ohne Huhn – das wäre bekloppt. Überraschung: Regisseur/Autor Arend Agthe ist anwesend und steht im Anschluss Rede und Antwort.

Apropos „Rede und Antwort“: In Berlin ruft Clan-Chef Toni Hamadi (Kida Ramadan) zum Widerstand auf – gegen alles und jeden. Der Serienerfolg 4 Blocks startet im November in die dritte und letzte Runde. „Aber das ist doch eine Filmkolumne“ - ja ja, is' ja gut! Die ersten zwei Folgen laufen aber als Event im Kino, mit Fan-Dokumentation – Du... Opfer? Babo? Tequila? Lombardi? Keine Ahnung, Slang ist nicht so meins. Mich interessiert eigentlich auch nur, ob die dritte Staffel das Gangsterleben genauso glorifiziert wie die zweite. Das war ja teilweise unerträglich und meilenweit weg von der, zumindest behaupteten, Selbstreflexion der ersten Staffel. Aber wenn schon Gewaltverherrlichung, dann wenigstens mit fetzigem Sprechgesangsversuch a.k.a. Deutschrap.

Nicht wirklich optimistischer, aber wenigstens reflektierend ist die Reihe Monday Mirror - „reflektierend“ wegen „Mirror“... Spiegel... ja, ach komm, is' gut. Jedenfalls schaut man sich montags dann eine Folge der Netflix-Anthologie-SciFi-Serie Black Mirror an und diskutiert anschließend über die möglichen Folgen einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Das Ganze wird veranstaltet von – jetzt nicht wegrennen – der Landeszentrale für politische Bildung und findet an wechselnden Orten statt. Die jeweils aktuelle Location findest du u.a. hier auf unserer Website – Mondays for Morgen, nich wahr nich!?

Am 24. November wird der Jugendvideopreis Sachsen-Anhalt vergeben. Wenn du dir just for fun mal ein paar zurückliegende Beiträge des Wettbewerbs anschauen willst, kannst du dem Vimeo-Channel des JVPs mal einen Besuch abstatten. Habe ich auch nochmal getan und den Stop-Motion-Kurzfilm „Impobilis“ von Jannis Fahrenkamp neu für mich entdeckt. Der Film hat beim JVP 2017 abgeräumt und beeindruckt mit verstörendem Do-It-Yourself-Look.

Fortgeschrittene - Impobilis from Jugendvideopreis Sachsen-Anhalt on Vimeo.

Mehr Empfehlungen für die lokale Filmszene findest du jeden Monat in unserer kostenlosen gedruckten Ausgabe und natürlich hier, in der Online-Variante. Und wenn du noch heiße Tipps und coole Drinks hast, tell me more: rob@dates-online.de

Magdeburger Filmkolumne "Nachgeschaut"

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