Kneipensterben: Mit Moll's Laden schließt wichtigste Musikkneipe

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© Archiv Moll's Laden

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Ach, das waren Zeiten, damals, Anfang der neunziger Jahre. Die alte, graue Stadt war im Aufbruch, kein Stein blieb auf dem anderen, Biografien wendeten sich in Windeseile. Und „Moll‘s Laden“ war mittendrin. Aus einem Feinkostladen entstanden, war es schlichtweg die angesagte Musikkneipe Magdeburgs, mit einem charismatischen Wirt obendrauf. Künstler, Musiker, Maler, Theaterleute sammelten sich hier. Gleich nebenan saßen die neudeutschen Geschäftsleute, Steuerberater, Beamte. Der Laden brodelte. Vier Reihen tief standen die Leute am Tresen.

Von Beginn an definierte sich der Laden über Livemusik auf der „kleinsten Livebühne der Welt“. Das Eröffnungskonzert 1990 spielten die beiden Magdeburger Urgesteine Charlie Ludwig und Hannes Andratschke mit ihrem Duo LA. Das war natürlich nur der Anfang. Über die Jahre gab hier so ziemlich jede Ostrock-Band, die Rang und Namen hatte, ihre Visitenkarte ab, allen voran Magdeburger Bands wie Monokel, Kraftblues, Six Hands, Tino Eisbrenner, Gratalula, Kellergeister oder Pan. Von Anfang an war der Himmelfahrtstag der besondere Event bei Moll. In besten Zeiten wurden Zig Fässer Bier geleert, in diesem Frühling waren es deutlich weniger. Ach, wenn doch diese verfluchte Tunnelbaustelle nicht wäre, die Moll's Laden von der Mitte ins Seitenaus hat rutschen lassen. Ach, wenn der heiße Sommer und das frühe WM-Aus der deutschen Mannschaft nicht gewesen wären, vielleicht würde Ines Birkholz optimistischer auf die nächsten Kneipenjahre schauen. Als sie 2002 den Staffelstab von Gründer Burkhard Moll übernahm und wieder Solidität hineinbrachte, hatte sie allen Grund für Optimismus, aber auch sonst hat sich über die Jahre vieles Stück für Stück verändert. Das Publikum ist älter geworden, und das junge kommt nicht in dem Maße nach. Dazu ändern sich auch die Bewohner im Umfeld, die über Jahre geduldig die großen Livenächte bei Moll mitgemacht haben. Natürlich ließ sich diese irre Nachwendezeit nicht ewig konservieren. Und so möchte Birkholz den Laden, sehr schweren Herzens natürlich, zu einer Zeit schließen, in der sie das als Unternehmerin frei und selbstbestimmt tun kann. Ende Januar soll endgültig Schluss sein. Bis dahin ist noch Showtime. Die Kapelle spielt, bis der Kahn untergeht – und am Schluss vielleicht einen traurigen Blues.

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Moll‘s Laden

Gellertstraße 1, 39108 Magdeburg View Map

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Fr-Sa ab 20.00 Uhr

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