Wie barrierefrei ist Magdeburg aktuell für Touristen und Bürger?

Barrierefreiheit gewinnt in Deutschland an Bedeutung, sowohl privat als auch in öffentlichen Bereichen. Die Umrüstung läuft in Magdeburg deshalb auf Hochtouren.

Barrierefreiheit gewinnt an Bedeutung

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Das Thema Barrierefreiheit spielt in Magdeburg aktuell eine zunehmend wichtige Rolle. Doch damit ist die Stadt keinesfalls alleine, denn ganz Deutschland rüstet langsam, aber sicher um. Der Grund liegt auf der Hand: Der demografische Wandel führt dazu, dass es prozentual gesehen in der Bevölkerung immer mehr ältere und somit auch mobilitätseingeschränkte Personen geben wird. Was viele dabei unterschätzen, ist die Geschwindigkeit, mit welcher diese Entwicklung voranschreitet. Bereits jetzt ist jeder zehnte Deutsche über 75 Jahre alt und damit gibt es rund 1,5 Millionen mehr Senioren als Personen zwischen zehn und 20 Jahren. Tendenz steigend.

Während es also am Nachwuchs fehlt, werden die Menschen immer älter. Auch das bedingt die Umverteilung der Altersstruktur. Forscher spekulieren, dass der Körper theoretisch 120 oder sogar 140 Jahre alt werden könnte. Zahlen, welche aufgrund des medizinischen Fortschritts schon in absehbarer Zukunft alles andere als unrealistisch sind. Zwar wird sich auch der Gesundheitszustand bis ins hohe Alter verbessern, dennoch ist angesichts dieser Entwicklungen eben unumgänglich, dass zukünftig mehr Personen auf die Barrierefreiheit angewiesen sein werden.

Das Vermeiden von Stufen reicht für Barrierefreiheit nicht aus

Bei dem Begriff der Barrierefreiheit denken viele Menschen in erster Linie an Rollstühle, Rollatoren und andere Gehhilfen. Allerdings ist das nur ein kleiner Teil, denn grundsätzlich gehören dazu alle Maßnahmen, um mögliche Hindernisse für Personen mit Behinderung oder Erschwernis zu beseitigen. Dazu zählen neben dem stufenfreien Zugang zu Gebäuden oder einem entsprechenden Lift auch die richtige Platzierung von Bedienungselementen, spezielle Installationen in Badezimmern, die Sicherstellung guter Sichtverhältnisse auch bei Nacht und weitere. Zwei Richtlinien dienen dabei als Anhaltspunkte: Für öffentliche Gebäude ist das die DIN 18040-1 und in privaten Wohngebäuden die DIN 18040-2. In letzterem Fall haben die Bewohner aber natürlich freie Hand, wenn es um die Einrichtung der Barrierefreiheit geht.

Immer mehr Privatpersonen rüsten barrierefrei um

Viele Menschen setzen beim (Um-) Bau eines Hauses oder ihrer Wohnung nämlich mittlerweile auf Barrierefreiheit, obwohl diese noch überhaupt nicht notwendig ist. Langfristig denken, lautet die Devise. Denn sollten eines Tages die ersten gesundheitlichen Beschwerden und Einschränkungen kommen, können die Betroffenen dann länger in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben – ohne oder mit weniger fremder Hilfe. Sie können somit den Auszug so lange wie möglich hinauszögern, sei es in eine andere – eben barrierefreie – Wohnung oder eine Betreuungseinrichtung. Es ist daher durchaus sinnvoll, Wohneigentum von Beginn an barrierefrei zu gestalten oder frühzeitig entsprechend umzubauen.

Die DIN 18040-2 ist dabei eine hilfreiche Orientierung, allerdings ist bei der barrierefreien Umrüstung noch deutlich mehr möglich. Das eigenständige Wohnen kann, trotz körperlicher Einschränkungen, komfortabel gestaltet werden. Dafür stehen beispielsweise verschiedene Funktionen eines sogenannten Smart Homes zur Verfügung wie ein Herdwächter oder eine Zugangskontrolle, die zugleich mehr Sicherheit im Alltag versprechen. Wer sich also frühzeitig auf das Alter vorbereitet, kann viele spätere Unannehmlichkeiten präventiv verhindern und sich zugleich den schmerzhaften Abschied vom eigenen Zuhause ersparen.

Auch Vermieter setzen zunehmend auf Barrierefreiheit

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Dieser Trend ist natürlich auch an Vermietern nicht unbemerkt vorbeigezogen. Ihnen ist durchaus bewusst, dass ihre Mieter tendenziell immer älter werden und sie mit den Senioren eine optimale Zielgruppe wählen. Sie haben finanziell oft ausgesorgt und pflegen ihre Wohnräume sorgfältig. Allerdings werden sie wegen Barrieren nicht selten zum Auszug gezwungen. Rüsten auch die Vermieter hingegen um oder gestalten Neubauten direkt barrierefrei, können sie Senioren ein sicheres Zuhause bieten und diese werden so lange wie möglich bleiben – eine Win-Win-Situation. Hinzu kommt natürlich, dass für barrierefreie Wohnräume entsprechend höhere Mieten angesetzt werden können. Auch das macht die Umrüstung aus Vermietersicht so attraktiv. Unterschieden wird dabei allerdings zwischen zwei verschiedenen Varianten:

  1. Barrierefreie Wohnbereiche und
  2. rollstuhlgerechte Wohnbereiche.

Barrierefreie Wohnungen müssen also laut DIN 18040-2 nicht zwingend rollstuhlgerecht sein. Stattdessen handelt es sich um Wohnräume mit speziellen Umrüstungen bei den

Eine rollstuhlgerechte Wohnung weist all diese Merkmale einer barrierefreien Wohnung ebenfalls auf, ist aber zusätzlich zu 100 Prozent rollstuhlgerecht. Dies gilt es im Mietvertrag exakt zu definieren, denn der Umfang der Barrierefreiheit bestimmt wiederum über den Wert der Immobilie und somit deren Mietpreise.

Magdeburg richtet den Blick in eine barrierefreie Zukunft

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Eine weitere logische Schlussfolgerung ist jene, dass auch in den Städten zukünftig mehr ältere Leute mit Einschränkungen leben werden. Daher wird es immer wichtiger den öffentlichen Raum zunehmend barrierefrei zu gestalten. Zu den Maßnahmen gehört beispielsweise die barrierefreie Umgestaltung von Haltestellen für Busse und Bahnen der Magdeburger Verkehrsbetriebe, sodass diese problemlos auch von bewegungseingeschränkten Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder anderer Gehhilfe benutzt werden können.

Umgebaut werden sollen zudem die Sehenswürdigkeiten der Stadt sowie die wichtigsten Wege für Touristen durch das Gründerzeit-, Dom-, Elb- und Marktviertel, denn Magdeburg hat sich der Arbeitsgemeinschaft „Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“ angeschlossen. Den Touristen steht eine spezielle Broschüre namens „Otto für alle“ zur Verfügung, wo barrierefreie Tourismusangebote, geeignete Unterkünfte & Co gelistet sind. Eine weitere zugehörige Maßnahme ist die Möglichkeit, für einen öffentlichen Stadtrundgang ein Elektromobil ausleihen zu können. Die Umsetzung weitere Ideen läuft bereits…

Barrierefreiheit aus wirtschaftlicher Perspektive

Mit dem Beitritt zu dieser Arbeitsgemeinschaft folgt Magdeburg einem Trend, welcher sich derzeit in ganz Europa bemerkbar macht: Barrierefreie Reisen werden immer beliebter und somit wird Barrierefreiheit zunehmend auch aus ökonomischer Perspektive interessant für Städte, Hotels, Ferienwohnungen & Co. Denn wie bereits erwähnt, sind viele der älteren Menschen wohlsituiert und möchten keinesfalls ihren Lebensabend in einer Betreuungseinrichtung absitzen. Stattdessen wollen sie in ihren eigenen vier Wänden bleiben, möglichst selbstständig sein und noch so viel wie möglich von der Welt sehen.

Barrierefreie Umrüstung

Mittlerweile finden Touristen in Magdeburg also beispielsweise im Internet umfassende Informationen darüber, ob die Sehenswürdigkeiten barrierefrei sind und zu welchem Grad. Ausgangspunkt solcher Bemühungen war die UN-Behindertenkonvention von 2006. Anschließend gab die Stadt Magdeburg öffentlich bekannt, sich ihrer Verantwortlichkeit für die Barrierefreiheit im Öffentlichen Straßenpersonennahverkehr bewusst zu sein und die Mobilität für alle Bewohner in Zukunft sicherstellen zu wollen.

Magdeburg setzt diese Forderung seither Schritt für Schritt unter dem Motto „Design für alle“ um und möchte die Barrierefreiheit zukünftig auch in die Städteplanung einbeziehen. Erst einmal liegt der Fokus aber auf dem öffentlichen Nahverkehr, sodass die Haltestellen, Fahrzeuge und Fahrgastinformationen barrierefrei umgebaut werden sollen. Hier allerdings verzögert sich der Ausbau zunehmend, beispielsweise am Westfriedhof sowie der Arndtstraße. So gibt es nach wie vor auf der gesamten Strecke zwischen dem Adelheidring und dem Diesdorfer Graseweg keine Haltestellen, welche den Ansprüchen der Barrierefreiheit genügen. Zwar sind Fortschritte zu beobachten, dennoch kommt Magdeburg mit der Umrüstung langsamer voran als geplant. Der Grund dafür liegt in den Kosten, welche die Haushaltsplanungen weit übertreffen. Nun macht die Politik Druck und die Ingenieure suchen fieberhaft nach Lösungen, welche sowohl den Zweck erfüllen als auch finanziell in einem realisierbaren Rahmen bleiben.

Ausblick in eine barrierefreie Zukunft

Barrierefreiheit gewinnt also in sämtlichen Lebensbereichen zunehmend an Bedeutung und ist ein Thema, an welchem der Städtebau, Vermieter, die Tourismus- und viele weitere Branchen nicht mehr vorbeikommen. Von einer frühzeitigen sowie möglichst umfassenden Umrüstung können am Ende nur alle profitieren, sowohl aus ökonomischer Sicht als auch angesichts der zunehmenden Alterung der deutschen Gesellschaft. Dennoch steht Magdeburg erst in den Startlöchern und wird derzeit mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Die Pläne sind zwar da, deren Umsetzung verzögert sich aber zunehmend. Das gilt nicht nur für barrierefreie Haltestellen, sondern auch entsprechende Urlaubsangebote in der Region Magdeburg sind bislang noch nicht zu finden. Zu erwarten ist, dass zukünftig deutlich mehr Maßnahmen für die Barrierefreiheit in allen Bereichen getroffen werden und dabei zunehmend auch moderne Technologien zum Einsatz kommen, wie beispielsweise in dem bereits erwähnten Smart Home. Eines scheint jedoch sicher: Sofern sich die Altersstruktur in der Gesellschaft nicht wieder drastisch verjüngt – was zum Stand heute nicht zu erwarten ist – wird die Zukunft barrierefrei sein!

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