Der Stadtläufer - Ruhe in Unfrieden

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Begleitet von knapp eintausend Polizisten haben ebenso viele Hooligans und Neonazis den Chemnitzer Rechtsextremisten Thomas Haller zu Grabe getragen. Da er in seinen Kreisen eine überregionale Bekanntheit genoss, war auch der Trauerzug überregional besetzt – unter anderem mit Vertretern aus Magdeburg, die einen Kranz mit dem Vereinslogo des FCM beisteuerten. Der Verein hat deshalb nun wegen des Missbrauchs seines Emblems Anzeige gegen unbekannt erstattet. Eine offizielle Nutzungsfreigabe sei nicht erfolgt und es handele sich daher um einen Verstoß gegen das Markengesetz. Nach diesem ist eine widerrechtliche Nutzung allerdings nur dann gegeben, wenn damit ein finanzieller Vorteil einhergeht – insofern kann man allenfalls den Besitzer des Blumenladens, der den Kranz mit der FCM-Schleife hergestellt und veräußert hat, belangen. Die Magdeburger Trauergäste hingegen haben das Vereinslogo lediglich privat genutzt, was grundsätzlich gestattet ist. Dessen ungeachtet hat auch der ebenso betroffene Chemnitzer FC Anzeige erstattet, aber das Kind ist längst viel zu tief in den Brunnen gefallen, als dass noch Aussicht auf seine Rettung bestünde.

Denn auch die Anzeige gegen unbekannt wegen der Nötigung, die den offiziellen Beileidsbekundungen im Stadion angeblich vorausging, das verzweifelt behauptete Bedrohungsszenario, kann nicht vom eigentlichen Problem ablenken. Das besteht nämlich darin, dass Mitarbeiter der Sicherheitsdienste beider Vereine zu den Trauernden gehörten – und dass der Verstorbene den Ordnungsdienst in Chemnitz sogar zeitweise geleitet hat. Und beängstigend daran ist, dass das eigentlich kein skandalöser Auswuchs, sondern Standard ist. Wer eine gewisse Gewaltbereitschaft in sich trägt und nach einer legalen Möglichkeit sucht, diese auszuleben, der geht zu einem Sicherheitsdienst, zur Polizei oder zur Bundeswehr. Und darum ist rechtes Gedankengut dort überproportional verbreitet; das sollte nicht so sein, ist aber so. Das kann man kaum verhindern, aber man kann es, wenn es zu einer Straftat kommt, ahnden. Verbreiteter ist allerdings weiterhin die Vertuschung.

Aber ist die Teilnahme an einer Trauerfeier eine Straftat? Darf man die Ordner, die an ihr teilgenommen haben, von weiteren Einsätzen im Stadion ausschließen? Teilt man als Trauergast automatisch das Gedankengut des Toten? Das ist zwar in diesem Fall nicht unwahrscheinlich, aber nur schwer nachweisbar. Vielleicht hatte er ja auch liebenswürdige Seiten, die ein Bedauern über sein Hinscheiden nachvollziehbar machen. Jeder darf trauern, um wen er will.

Und da es nicht Peter Fechner oder Mario Kallnik waren, die den Kranz trugen, besteht überhaupt kein Anlass für einen derartigen Aktionismus, der juristisch klären soll, was ohnehin klar sein sollte und was von niemandem in Frage gestellt worden ist - nämlich dass der FCM nicht um einen toten Nazi aus Chemnitz trauert.

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