Digitalbranche auf dem Vormarsch - Chancen für den regionalen Arbeitsmarkt

Magdeburg bietet mit seiner verkehrsgünstigen Lage und einigen hochrangigen Institutionen vor allem in der Informations- und Kommunikationstechnologie gute Voraussetzungen, um als Wirtschaftsstandort weiter zu wachsen. Als eine der dynamischsten Großstädte in Deutschland ist hier der Strukturwandel auf einem guten Weg. Die Digitalbranche könnte hier künftig noch für weitere positive Impulse sorgen.

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Der Dienstleistungssektor zeigt sich in der Region als der Bereich mit den meisten Arbeitsplätzen. Zahlreiche größere Unternehmen wie etwa die GETEC Energie Holding GmbH oder die regiocom GmbH gehören dabei immer wieder auch zu den umsatzstärksten Konzernen. Die IT- und Kommunikationsbranche bietet viele Vorteile, um die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt für die Zukunft weiter gut aufzustellen.

Aktive Gründerszene

Auch wenn die Region und die Landeshauptstadt in diesem Bereich im Bundesvergleich noch lange nicht mithalten können, braucht sich die hiesige Start-Up Szene nicht zu verstecken. In den letzten Jahren sind zahlreiche Anlaufstellen entstanden, welche die meist studentischen Gründer in ihren Vorhaben unterstützen.

Positiv zeigt sich bei der hiesigen Start-Up Szene vor allem die Durchsetzungskraft. Werden anderswo zwar deutlich mehr neue Unternehmen gegründet, verschwinden viele von ihnen auch recht schnell wieder von der Bildfläche. Anders bei den Magdeburger Jungunternehmen. Einige von ihnen haben die Gründungsphase bereits erfolgreich hinter sich gebracht und konnten sich auf dem Markt behaupten. Innovative Unternehmen wie die erfolgreiche User-Interface Agentur UCD, die Macher der Studenten-App UniNow oder auch die Mietauto-Plattform für Nobelkarossen Drivar sind positive Beispiele dafür.

Wichtige Standortvorteile

Auch wenn die Hot-Spots in Deutschland immer noch in Berlin, München und Hamburg liegen – unsere Region bietet dennoch gewisse Standortvorteile. Die Lebenshaltungskosten oder auch Mieten für Geschäftsräume liegen deutlich unter jenen in den anderen Metropolen. Die Hochschulen sind zudem gut mit den ansässigen Forschungseinrichtungen vernetzt. Magdeburg ist dabei auch eine Stadt der kurzen Wege. Unweit der Otto-von Guericke-Universität befindet sich das Viertel am „Wissenschaftshafen“ deutlich auf Expansionskurs.

Bei einer umfangreichen Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gemeinsam mit der WirtschaftsWoche belegte Magdeburg deutschlandweit den ersten Platz im Dynamikranking. Ausschlaggebend dafür waren vor allem die stark gesunkene Arbeitslosigkeit in der Region, sowie der eklatante Anstieg der Einkommenssteuerkraft um 42 Prozent.

Gerade in der zukunftsträchtigen IT-Branche bietet die Universität wichtige Studiengänge an, die für den notwendigen Nachwuchs an Fachkräften sorgen:

Unterschiedliche Forschungseinrichtungen sorgen für weitere wichtige Impulse und locken schlaue Köpfe in die Region:

Positiv wurde beim Städteranking auch bewertet, dass die lokalen Behörden viele bürokratische Hürden für Unternehmen auf ein Minimum reduziert haben und allgemein besonders wirtschaftsfreundlich aufgestellt sind.

Forschungskompetenzen im Bereich Digitalisierung

Neben einer starken Maschinenbau-Branche konzentriert sich die Forschung vor allem auf Neurowissenschaften. Doch gerade das Fraunhofer IFF legt seinen Schwerpunkt künftig noch stärker auf die Digitalisierung. Hier wird mit Hochdruck an der Entwicklung der digitalen Zukunft gearbeitet. Zahlreiche Forschungsfelder werden dabei verfolgt:

Die Experimentelle Fabrik (ExFa) im Wissenschaftshafen dient vor allem als zentraler Standort für kleinere Forschungsunternehmen, die dort eine gute Infrastruktur vorfinden. Auch die nahegelegene Denkfabrik beherbergt verschiedene Institute und zukunftsorientierte Dienstleister.

Digitalbranche bietet großes Potential

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Im Bereich der Digitalisierung hegen Experten große Erwartungen. Bereits heute werden hier bundesweit die meisten Arbeitsplätze verzeichnet - inzwischen sogar mehr als in der Maschinen- oder Automobilbaubranche. Ende 2016 waren im Sektor der Informationstechnik, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation rund 1,05 Millionen Menschen beschäftigt. Danach erst folgten der Bereich Maschinenbau (1,01 Millionen), die Elektroindustrie (0,85 Millionen) oder die Automobilbranche (0,76 Millionen).

Neben den typischeren Anwendungen im Fachgebiet Kommunikation oder Automatisierungstechnik sind bei den Investoren in letzter Zeit vor allem digitale Lösungen in der Finanzbranche attraktiv geworden. Sogenannte FinTech-Unternehmen bieten dabei innovative Möglichkeiten für Banken und Kreditinstitute oder auch im Investmentbereich. Dies umfasst etwa digitale Dienstleistungen zum Bezahlen (Digital Payment), verschiedene Investment-Portale (Crowdlending, Crowdinvesting) oder Online-Plattformen zur virtuellen Beratung (Robo-Advisoren, Social Trading). Hier sind in Deutschland in den letzten Jahren zahlreiche Unternehmen entstanden, die sich auch international durchsetzen konnten. 

Relativ neu ist in diesem Bereich die Versicherungsbranche. Auch hier wurden inzwischen digitale Anwendungen entwickelt, die allgemein als InsurTechs bezeichnet werden. Das Stichwort Big Data spielt dabei eine zentrale Rolle. Auf Grundlage detaillierter Daten können Versicherungen etwa ihre Angebote viel passgenauer auf eine bestimmte Zielgruppe ausrichten. Zudem lassen sich auch in diesem Bereich Kosten für Verbraucher und Dienstleister minimieren, indem auf eine digitale Beratung oder Abwicklung gesetzt wird.   

In Magdeburg ist die Q-fin GmbH bereits in diesem Bereich aktiv. Das Softwareunternehmen wurde jüngst von der Stadt im Rahmen eines Festaktes für seine herausragenden Leistungen in der Digitalisierung geehrt. Neben einer Consultingabteilung, die Unternehmen kompetent beraten kann, entwickelt Q-fin Finanzsoftware etwa zum Risikomanagement oder zur Verwaltung von Geldanlagen und Investmentprodukten.

Herausforderungen für die lokale Wirtschaft

Der Präsident des Branchenverbandes Bitkom Achim Berg sieht allerdings noch große Herausforderungen, die Deutschland bei der Digitalisierung zu meistern hat.

„Im internationalen Vergleich ist die deutsche Wirtschaft bei Investitionen in digitale Technologien noch eher zurückhaltend. Der Aufbruch in eine datengetriebene digitale Plattformökonomie ist eine Schicksalsfrage für Deutschland, die sich innerhalb weniger Jahre entscheidet“, so Berg. 

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Hier zeigt sich auch gleich schon einer der Standortnachteile der Region: Viele Start-Ups und Gründer tun sich noch schwer damit, geeignete Investoren für ihre Projekte zu finden. Zwar gibt es hier einzelne Anlaufstellen, wie etwa die Investitionsbank Sachsen-Anhalt oder bmp Ventures, die großen Gründermetropolen bieten hier jedoch um einiges umfangreichere Kompetenzen.

Vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen fällt der Schritt in Richtung Digitalisierung oft noch schwer. Auch hier werden künftig noch mehr Beratungsangebote benötigt. Achim Berg sieht hier vor allem die Bundesregierung in der Verantwortung, welche die einzelnen Regionen dabei mit zusätzlichen Förderprogrammen unterstützen sollte.

Bei den regelmäßigen Erhebungen der Magdeburger Industrie- und Handelskammer zum Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft wird als Hauptrisiko für die konjunkturelle Entwicklung immer wieder der Fachkräftemangel angeführt. Rund 57 Prozent der Befragten sehen diesen Punkt kritisch für die Zukunft. Auf Platz zwei und drei landeten die Arbeitskosten und die Inlandsnachfrage mit jeweils 38 Prozent.

Zum einen sind in vielen Bereichen die Qualifikationsanforderungen gestiegen. Zum anderen besteht ein Fachkräftemangel nicht unbedingt bei den hochqualifizierten Arbeitnehmern. Hier bieten die ansässigen Hochschulen bereits viel Potential. Wie im gesamten Bundesgebiet bestehen die Probleme auch in Sachsen-Anhalt eher im Bereich der niedrigen Qualifikation von Schulabgängern und bei der beruflichen Bildung.

Ausbau der digitalen Infrastruktur

Ein weiterer limitierender Faktor für die Zukunft stellt der immer noch schleppende Breitbandausbau in der Region dar. Zwar verfügen die wirtschaftlichen Zentren Magdeburg und Halle größtenteils bereits über sehr schnelles Internet, doch im direkten Umland sieht dies noch ganz anders aus. Vor allem die Altmark hinkt im Bundesvergleich noch stark hinterher. Jüngst wurden für den Ausbau in der Altmark vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur 40 Millionen an Fördergeldern freigegeben. Für einen flächendeckenden Ausbau, der bis 2019 geplant ist, sind allerdings insgesamt rund 140 Millionen notwendig.  

Die Landesregierung hat hier zuletzt die Einrichtung einer zentralen Fördermitteldatenbank in die Wege geleitet. Auf diese Weise sollen Gelder schneller und zielgerichteter vergeben werden können. Doppelförderungen können ebenfalls vermieden werden. Insgesamt stehen rund 370 unterschiedliche Programme zur Verfügung, aus kommunalen, bundesweiten oder privaten Fördertöpfen.  

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