Einer trage des anderen Last

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Taugen Lastenfahrräder als Transportmittel für die Großstadt? Ja natürlich, wie unsere sechs Beispiele von Magdeburger Gewerbetreibenden zeigen.

© Wenzel Oschington

Schwerwiegende Worte

Als vor knapp 175 Jahren Buchdrucker Emil Bänsch am Breiten Weg die heutige Buchhandlung Wahle gründete, war jeglicher Transport noch von Muskelkraft abhängig. Heute, im automobilen Zeitalter, hat man sie bei Wahles wiederentdeckt – und macht sich damit fit für die Zukunft. Als Antwort auf die steigende Zahl der Online-Bestellungen fährt Mitarbeiter Jens Krüger seit knapp zwei Jahren praktisch täglich mit dem Lastenrad Bücher an private und institutionelle Kunden aus. Schnell und umweltverträglich legt er so gute 1000 Kilometer im Jahr durch die Innenstadt zurück. Bis zu 100 Kilogramm werden so auf kostengünstigem Weg transportiert. Für Inhaber Wolfram Wahle ist der rote Flitzer aber nicht zuletzt „auch ein Hingucker vor unserem Laden“.

Buchhandlung Wahle, Breiter Weg 174, Tel: 5435740


Die Zukunft ist gelb

Jeden Morgen steigen sie in die Pedale. Allein in Magdeburg sind täglich fast 80 Briefzusteller der Deutschen Post per Fahrrad auf Tour. Aber auch hier bleibt die Zeit nicht stehen, Räder mit elektrischer Trittunterstützung gibt es

© Deutsche Post

seit längerem.

Gegenwärtig wird eine neue Generation von E-Trikes eingeführt, die Tritt für Tritt die alten Posträder ersetzen sollen. Ohne Pedalunterstützung lässt sich mit ihnen eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h erreichen. Neben dem Vorteil der Kippsicherheit zeigt sich neue E-Trike als echter Lastenesel: Die maximale Zuladung beträgt 80 Kilogramm.


Rollendes Gemüse

Viel zu häufig werfen wir Lebensmittel unnötig früh weg. Das Foodsharing-Projekt Spielwagen e.V. will genau das verhindern. Anstatt nicht verkaufte Lebensmittel voreilig zu entsorgen, werden sie von Bäckereien und Lebensmittelmärkten für eine andere Verwertung zur Verfügung gestellt. Obst,

© Wenzel Oschington

Gemüse und Brötchen müssen dazu transportiert werden. Seit vergangenem Sommer ist das Food-Sharing-Team um Ralf Weigt mit einem speziell ko­nstruierten Lastenrad in der Stadt unterwegs. „Das Rad erleichtert uns in vielerlei Hinsicht das Abholen der Waren. Ohne das Rad müssten wir drei Bäckerkisten mit Brot und Brötchen per Bahn oder zu Fuß durch die Stadt zur EMMA bringen.“ Mindestens drei Mal in der Woche wird das Lastenfahrrad genutzt, um Spenden zu holen.

Foodsharing-Projekt Spielwagen e.V., Annastraße 32, Tel: 597 85 50


Durch die Blume

Wenn Sophie Kott unterwegs ist, dann grünt es so grün. Das liegt auch an ihrem in

© Conrad Engelhardt

frühlingsgrün umlackierten ehemaligen Postrad. „Florist im Einsatz“, kündet es dann keck von der Stirnseite der Ladefläche. „Vor allem Kurzstrecken in der Altstadt sind für uns attraktiv, weil man mit dem Fahrrad schnell und unkompliziert voran kommt und auch keine Parkplatznot hat“, sagt die 33-jährige. Ist keine Bestellung auszufahren, steht das Rad aufgebockt vor dem Floristengeschäft an der Ernst-Reuter-Allee und ist dann auch ein wunderbarer Werbeträger.

Gänseblümchen, Ernst-Reuter-Allee 6, Tel: 400 28 00


Mit einem Liter Apfelsaft

Es regnet. Während viele Fahrradliebhaber ihren Drahtesel nun gegen ein Bahnticket tauschen, sind die Vitopianer trotzdem auf zwei Rädern unterwegs. Seit anderthalb Jahren fährt man auch bei Vitopia ein holländisches Lastenrad. „Es ist eines der größten Lastenräder“, sagt Joris Spindler von der Vitopia Genossenschaft. Und es gibt auch einiges zu transportieren.

© Wenzel Oschington

Allein für Bildungsveranstaltungen wird das wetterunabhängige Rad zwei bis drei Mal im Monat genutzt. Dann ist es allerdings nicht nur ein klimafreundliches Transportmittel, sondern auch ein praktisches Anschauungsobjekt. Manchmal aber, da ist es eben auch nur ein Kindergartentaxi für die Vitopia-Gemeinschaft, das freut die Kleinen natürlich umso mehr.

 Genossenschaft Vitopia eG, Herrenkrugstraße 2, mail@vitopia.de

Votet für Vitopia beim Fotowettbewerb des Deutschen Fahrradpreises bis 26. April:

Fotowettbewerb Deutscher Fahrradpreis  


Viel Volumen

„Wir erledigen heute nahezu alle Stadtwege mit dem Lastenrad“, sagt Radhändler Stefan Wolf. Mit seinem Platz in der Fußgängerzone am Allee-Center bietet sich das auch an. Seit gut zwei Jahren ist das Lastenrad im Einsatz, transportiert werden Radkartons, Verpackungsmüll, manchmal ist es aber auch für den einfachen Weg zur Bank gut.

© Wenzel Oschington

„Aus unseren Erfahrungen ist ein einspuriges Lastenrad, so wie wir es benutzen, die künftige Lösung. Im urbanen Stadtverkehr lässt es sich wie ein normales Farrad bewegen, bietet im Gegensatz zu Anhängern oder Dreirädern für uns aber entscheidende Vorteile, schneller voranzukommen. Es ist, wenn man so will, für uns eine Form von gelebter Freiheit.“ 

Radmitte, Goldschmiede­brücke 7, Tel: 55 72 17 21

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