Aufruf zum Lautsein

Die Initiative "Wir sehen hin" prangert sexualisierte Gewalt an, indem sie Erfahrungsberichte Betroffener teilt.

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© Kristin Plumbohm

„Jetzt ist Schluss!“, dachte sich Janina, als sie vor wenigen Monaten mal wieder die Geschichte einer Freundin hörte, die von schwerer sexualisierter Gewalt betroffen war. „Es kann doch nicht sein, dass alle meine Freundinnen dazu Geschichten erzählen können und doch wird in der Öffentlichkeit immer noch so wenig darüber gesprochen“, sagt die 25-jährige Studentin.

Sexualisierte Gewalt ist ein gesellschaftlich tief verankertes Problem. Allein 2020 gab es laut polizeilicher Kriminalstatistik in Sachsen-Anhalt 2224 erfasste Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Genau solche Fakten sammelt Janina mit ihrer Freundin Lys seit Anfang Juli auf Instagram unter @wirsehenhin_md. Im Vordergrund stehen aber vor allem Erfahrungsberichte betroffener Personen. Die Schilderungen können über ein Online-Formular anonym übermittelt werden. Bereits in den ersten zwei Tagen wurden ihnen 20 Geschichten zugesendet.

Ob das Hinterherrufen auf der Straße, unerlaubte Berührungen oder K.-o.-Tropfen im Glas, aber auch Stalking und Vergewaltigungen – sexualisierte Gewalt hat viele Gesichter. „Wir sehen hin“ zeigt diese Facetten auf, damit sich mehr Menschen mit dem Thema auseinandersetzen. „Aber wir möchten nicht nur Probleme abbilden, sondern auch Lösungen anbieten“, erzählt Lys. Im Oktober starten sie deshalb ihren ersten Workshop in dem man lernt, wie man sich gegen Übergriffe wehren kann. Die Teilnahme ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist ab Mitte September über die Website möglich. Zusätzlich werden zum Semesterstart einige der Erfahrungsberichte großflächig ausgedruckt und öffentlich auf dem Campus ausgestellt. Auch Expansionen des Projektes in andere Städte sind bereits im Gespräch und die Vereinsgründung müsste zum Erscheinen des Artikels ebenfalls durch sein. Unterstützt werden die Freundinnen bei all den Vorhaben mittlerweile von sechs weiteren Engagierten. Da ist was ins Rollen gekommen …

Mail: wirsehenhin@web.de, Instagram: @wirsehenhin_md, www.wirsehenhin.de

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