Bernd Kaufholz gibt Krimi-Debüt

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© Vanessa Weiss

Nach acht erfolgreichen Büchern über authentische Kriminalfälle gibt Bernd Kaufholz, ehemaliger Chefreporter der Volksstimme, mit „Tödlicher Skorpion“ sein Krimi-Debüt. Im DATEs-Interview erzählt Kaufholz, warum er die authentischen Kriminalfälle ad acta gelegt hat, es eigentlich keine ‚richtige’ Fiktion im Roman geben kann und was ihm bei einem Kriminalroman wichtig ist.


Herr Kaufholz, sind Ihnen die realen Fälle ausgegangen, oder was hat Sie sonst getrieben, ins Romanfach zu wechseln?

Der Anlass liegt schon längere Zeit zurück. Seit der Veröffentlichung meines ersten Buches 1999 wurde ich bei Lesungen immer wieder gefragt, ob ich nicht einmal einen ‚richtigen’ Kriminalroman schreiben will. Ich habe immer gesagt ‚Solange das Leben derartige Fälle schreibt, muss ich mir nichts aus den Rippen schwitzen’. Wenn ich solche haarsträubenden Dinge erfunden hätte, dann hätten die Leser bestimmt gesagt: ‚Mit dem sind die Gäule durchgegangen.’ Außerdem hatte ich damals noch genug Material und musste nicht mein Hirnschmalz strapazieren, um etwas Fiktives auf Papier zu bringen. Allerdings hatte ich mir für die authentischen Fälle ein Datumslimit gesetzt. Und das war 1975.

Also sind Ihnen die erzählbaren realen Fälle ausgegangen?

Ja, irgendwann waren die spannendsten Fälle aus Sachsen-Anhalt verbraucht. Da hatte ich die Wahl, mich vom Bücherschreiben zurückzuziehen oder meiner Leserschaft diesen Gefallen zu tun und mir etwas Fiktives zu überlegen.

Ist es denn reine Fiktion, die Sie uns da in „Tödlicher Skorpion“ anbieten?

Ja, die Handlung ist frei erfunden. Allerdings kommt das Fiktive in der Verkleidung des Authentischen daher. Durch die Beschäftigung mit realen Kriminalfällen bin ich auch auf ungelöste Mordfälle gestoßen. Angelehnt an solch einen Fall ermitteln meine fiktiven Protagonisten in „Tödlicher Skorpion“. Noch ein paar Worte zum Thema Fiktives: Das gibt es zwar, aber dann müsste ich meine Handlung vielleicht auf Mondbasis Alpha 1 verlegen und den Mord eines  Venusianers an einem Marsmenschen schildern. Das wäre fiktiv. Alles andere ist so, dass man als Autor auf bestimmte reale Erfahrungen, Erlebnisse und Charaktere zurückgreift. Diese nimmt man, wirft sie in einen Shaker, schüttelt sie ein paar Mal durch und leert ihn aus. Im besten Fall hat man dann einen guten Kriminalroman.

Ihr Krimi erinnert im Schreibstil dennoch an Ihre bisherigen Bücher. Absicht? 

Die realistischen Kriminalfälle waren im Reportage-Stil verfasst, also in literarisch-journalistischer Form. Nun könnte man denken ‚aha der Kaufholz, der schreibt seinen ersten fiktiven Krimi, der ist in den Olymp der Literaten aufgestiegen.’  Das ist nicht so. Seit Ende der 1990-er Jahre mit „Tod unterm Hexentanzplatz“ habe ich Leser, die den Stil meiner Bücher schätzen. Wenn ich plötzlich eine andere „Schreibe“ wählen würde, wären diese Leser bestimmt enttäuscht. Von daher findet man diesen Reportagestil mehr oder weniger auch im „Tödlichen Skorpion“.

Was macht für Sie einen guten Kriminalroman aus?

Ein guter Kriminalroman ist eine Mischung. Einmal sind da die Ermittler, die interessanter werden je unüblicher sie sind und handeln. Es müssen keine Übermenschen sein, sie können auch Probleme haben und wie meine Tanja Papenburg, die sehr blauäugig ermittelt, sogar in Gefahr geraten. Ob es der ausgeklügelte Giftmord oder eine Leichenzerstücklung ist, in Krimis gibt es selten Neues. Es war fast alles schon mal da. Deshalb ist es wichtig, die Story spannend zu präsentieren, so dass der Leser gefordert wird.  Das ist eine Gratwanderung, aber wenn man sie schafft, dann ist es ein guter Krimi.

Regionalkrimis sind in, was macht sie so interessant?

Man merkt, dass der Leser es gerne hat, wenn er sagen kann: ‚Ach das kenne ich, das ist doch die Elbe, wo ich letztens erst picknicken war.’ Ich hab das bei dem ersten Magdeburger Polizeirufs festgestellt, wo das große Rätselraten losging. Einige Sachen hat man sofort erkannt, andere weniger.  Ich sehe mich allerdings mit meinem Roman nicht als Promoter für Regionalkrimis. Es ist so, ich bin gebürtiger Machteburjer. Ich bin vor 61 Jahren als „Elbröwer“ geboren. Deshalb halte ich mich lieber an Gegenden, wo ich die Menschen und Örtlichkeiten kenne, als mich in Rostock oder Berlin auf neues Terrain zu begeben.

Ihre Protagonistin Tanja Papenburg ist Anwältin für Sozial- und Familienrecht, keine Mordermittlerin – wie würden Sie reagieren, wenn Ihnen ein Toter vor die Beine fällt?

Auch nach meiner Zeitungsreporterzeit pflege ich noch immer gute Kontakte zur Mordkommission. Da ich weiß, was die Kriminalisten für eine hervorragende Aufklärungsquote bei Tötungsdelikten in Sachsen-Anhalt haben, würde ich sofort Kontakt mit der Kripo aufnehmen, aber darum bitten, dass ich mit einem halben Ohr die Ermittlungen begleiten darf. Vielleicht als Stoff für ein neues Buch.

Das heißt doch, von Tanja Papenburg werden wir nicht zum letzten Mal gelesen haben?

Richtig. Der „Tödliche Skorpion“ hat ein offenes Ende. Das habe ich nicht gemacht, weil mir keine Lösung eingefallen ist. Ich will mich zum einen damit zwingen weiterzuschreiben und zum anderen den Lesern einen Anreiz geben, Tanja Papenburg weiter zu folgen. Bisher habe ich schon gut ein Drittel an Papenburgs neuem Fall fertig. Dort trifft man neben der Hobby-Ermittlerin natürlich den Chef der Mordkommission sowie einen Herrn wieder, der einen großen Anteil an den Verbrechen im ersten Band hat. Man erkennt viele bekannte Gesichter wieder, es tauchen allerdings auch frische Opfer auf. Der Fall beginnt in Polen und zieht sich dann aber wieder nach Magdeburg und Umgebung. Ein landschaftlich interessantes Gebiet, das bei mir „Eisige Renne“ heißt, wird auch eine Rolle spielen.

© Mitteldeutscher Verlag

Tödlicher Skorpion

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Mitteldeutscher Verlag

14. Januar 2014

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