„Ich bin ganz sicher keine Kopie“

Zum 1. Januar hat er die Nachfolge von Helmuth Herdt angetreten und der hinterlässt als Gründungsgeschäftsführer der SWM und Kulturförderer ziemlich breite Fußstapfen. Aber bange ist Thomas Pietsch kein bisschen, im Gegenteil.

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© Stefan Deutsch

Die Magdeburger Elbstrecke kennt Thomas Pietsch bestens, als junger Kerl ist er schon an ihr hoch und runter gelaufen, heute ist er lieber im Boot unterwegs, im Ruder-Einer, um genau zu sein, aber nur wenn er mal Zeit hat. Und die ist in seiner Position knapp. Der Fluss ist für ihn ein Bindeglied, der sich in einem Werbe-Claim seines Unternehmens sehr passend ausdrückt: „Elbe ist dicker als Wasser“. Der Satz trifft auf Pietsch zu. Er ist im besten Sinne ein Magdeburger Jung. Aber keiner der hier kleben blieb, sondern einer der zurückkam in die Heimat, als sich die Gelegenheit bot, als die Zeit reif war.

Wenn man ihn heute erlebt, dann fast immer im Anzug. Das erfordert einfach die Position als Geschäftsführer eines Unternehmens, das zu den größten, den wichtigsten der Stadt gehört. Aber Krawatte hin, rahmengenähte Schuhe her, einer wie Pietsch kann auch malochen. Das hat er schon einst in der Ausbildung gezeigt. Den zu DDR-Zeiten noch sehr üblichen Weg über die Berufsausbildung mit Abitur zur Hochschulreife nahm er als Facharbeiter für Gießereitechnik. Im SKL galt es, in Hitze und Staub, Gußformen herzustellen und tonnenschwere Pfannen mit kochendem Gußeisen abzugießen. Wer das mitgemacht hat, weiß, was Arbeit heißt. Schon damals, mit knapp 20, zeigte sich neben sehr guten schulischen Leistungen bereits ein untrügliches Urteilsvermögen, auch die Fähigkeit anzuführen.

Der weitere Weg über das Maschinenbaustudium an der OVGU, Spezialisierung Kraftwerkstechnik, führte ihn direkt zur EON Kraftwerkssparte nach München. Als später bei den Städtischen Werken ein Vertriebsleiter gesucht wurde, „da hat mich der damalige Geschäftsführer Kempmann nach Magdeburg gelotst. Das war im Dezember 1999. „Die Entscheidung, zurück in die Heimat zu gehen, war zu jener Zeit unglaublich reizvoll, aber anfangs nicht mit langer Perspektive angedacht“. Denn wer bei Konzernen wie EON aufsteigen will, darf in der Regel nicht länger als zwei, drei Jahre an einem Ort, an einem Arbeitsplatz bleiben. Am Ende sind daraus trotzdem zwei Jahrzehnte geworden. Mit gerade 30 Jahren wurde er damals einer der jüngsten Prokuristen dieser Unternehmensgröße. Ein wesentlicher Grund liegt wohl darin, dass sein Vorgänger Helmut Herdt frühzeitig begonnen hat, ihn als seinen potentiellen Nachfolger aufzubauen. „Über die Jahre durfte ich an der Strategie, den operativen Entscheidungen des Unternehmens mitwirken.“  

© Engelhardt

Zum 1. Januar hat er nun den Staffelstab von Helmut Herdt übernommen. Die Fußstapfen, die er hinterlassen hat, sind groß. Das Unternehmen hat er nach 1990 als Gründungsgeschäftsführer quasi aufgebaut, kennt es wie kein zweiter. Aber Pietsch fühlt sich bereit und das Haus sei ja auch „hervorragend ausgerichtet“. Er sagt aber auch: „Es ist nicht das Fachwissen, auf das es am Ende ankommt, man muss die Menschen kennen, mit ihnen umgehen können.“ Dabei ist ziemlich offensichtlich, dass er ein Wunschkandidat für die Nachfolge war, sowohl bei seinem Vorgänger, überhaupt unternehmensintern, aber deutlich auch bei der Stadt, die mit 54 Prozent die Majorität am Unternehmen SWM haben, beim Oberbürgermeister. Schließlich muss er als städtisch bestellter der drei Geschäftsführer die Interessen der Stadt im Blick haben, und die sind nicht unbedingt deckungsgleich mit denen eines auf Dividende ausgerichteten Teilhabers wie EON oder Gelsenwasser.

Und sonst? Wird er das große kulturelle Engagement, mit dem sich die SWM zu einem Sympathieträger in der Stadt gemacht haben, fortsetzen? „Ich bin ganz sicher keine Kopie von Helmut Herdt, bin sicher auch kein Schöngeist“, sagt Pietsch, und spielt damit auf das Engagement Herdts – der einst sogar Theaterwissenschaften studiert hatte – für die Kultur in der Stadt an: „aber mir ist klar, dass unsere Verantwortung als Unternehmen für die Stadt existenziell ist.“ Und auch wenn „der Magdeburger an sich keine Faschingsseele ist, sondern vor allem zweckmäßig, sind es doch letztendlich Kultur, kulturelle Veranstaltungen, die eine Stadt liebenswert machen.“  

Eine richtige Verabschiedung Helmut Herdts bei den SWM, hat es – pandemiebedingt – bisher nicht gegeben. „Aber das werden wird natürlich nachholen und ihn sehr angemessen verabschieden.“

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