Kühnes Küstenkraut

Mit ihrer Salifaktur sind Julian Engelmann und Ken Dohrmann dabei, die Landwirtschaft zu revolutionieren. Der von ihnen angebaute Seespargel gedeiht vor allem dort, wo sonst normalerweise nichts mehr wächst.

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© Uwe Köhn

Angenehm salzig, knackig im Biss und gesund. Während der sogenannte Seespargel in Deutschland nur unter Feinschmeckern bekannt ist, hat er sich in Holland oder Frankreich längst in Supermärkten etabliert. Für den Durchbruch hierzulande könnten der Geologe Julian Engelmann und Landwirt Ken Dohrmann sorgen. Julian lernte die kleine salztolerante Pflanze während seines Studiums in Schottland kennen und als Hobbykoch zu schätzen. Der Geologe war sofort begeistert von ihrer Fähigkeit, dort zu wachsen, wo sich nichts anderes blicken lässt, nämlich auf salzhaltigem Grund: „Durch den Klimawandel wird es vermutlich immer mehr solcher Böden geben.“ Das Thema ließ ihn nicht mehr los und bald auch Ken Dohrmann nicht, der als Landwirt an dieser nachhaltigen Anbaumethode interessiert war. Doch erst mit der Bewerbung auf ein Förderprogramm der EU nahm die „Salifaktur“ an Fahrt auf. Der Anbau ist in Deutschland bislang völlig unbekannt. In dem geförderten Forschungsprojekt „Salzpflanzen aus Sachsen-Anhalt“ werden nun praxistaugliche Erkenntnisse zu der Kultur gesammelt.

Im Frühjahr 2020 begann die Pionierarbeit, eine Küstenpflanze im Binnenland anzubauen in einem alten Gewächshaus in Burg. Das Salz, das die Pflanze benötigt, ist ein Nebenprodukt des Bergbaus und mit dem Kaliwerk Zielitz entsteht der Dünger praktisch vor der Haustür. Doch trotz günstiger Ausgangsbedingungen standen die Seespargel-Anbauer vor Herausforderungen, die viel Experimentierfreude verlangte. Ein komplett neues Anbausystem, eine eigene Bewässerungs- und Erntetechnik mussten her. Angebaut wird nach ökologischen Maßstäben. Doch nicht zuletzt braucht es Abnehmer für das noch weitgehend unbekannte Kraut. Dabei bekamen Ken und Julian regionalen Rückenwind von der Pilzmanufaktur, Frau Ernas Unverpacktladen oder Botanica. Bei der Magdeburger Marktschwärmerei sind sie involviert und mittlerweile arbeiten sie auch mit internationalen Erzeugern zusammen.

Eine Seespargel-Saison geht von März bis Oktober. Ab Spätherbst wird der Spargel zu „SALS“ verarbeitet, einer gesünderen Variante des herkömmlichen Salzes, welche mit ihrem nur halb so großen Natriumanteil die Anfälligkeit für

Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Probleme senkt. Der Salzpflanzenanbau ist eine Nische, die noch viel zu unerforscht und gleichzeitig unglaublich zukunftsrelevant ist. Ken und Julian sind sich sicher: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Und wer, wenn nicht sie?

Mehr Informationen zum Seespargel gibt es hier

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