Minimalistische Opulenz

Mit ihrem hypnotischen Minimal-Punk entfachen die Untergrundbarden von Hyparschall auf ihrem neuen Album ein Hörerlebnis für Bauch, Beine und Kopf.

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© Wenzel Oschington

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Hypnose hat einen Namen: Hyparschall. Mehr noch. Man kann sie hören. Sie ist nah. Wie ein feister, grinsender Buddha hockt sie da und beugt sich über dich, umschließt dich und hält dich zappelndes kleines Etwas gefangen und spricht eindringlich mit dir und möchte doch nur eins – dass du lernst, mit ihr zu leben. Und ja, in der Klang- und Textlandschaft des Magdeburger Bandprojektes um die umtriebigen Künstler Thomas Koch (Texte), Gerald Rabe (Musik) und Sandra Steingrimdottyr Busk (Klarinette, Gesang) kann man sich famos einrichten, so offenbart sich in selbiger doch eine bemerkenswerte Zeitlosigkeit und gewisse Unvergleichlichkeit, mit der sich diese Band in ihrem Genre bewegt und sich erhalten hat. Auf dem schlicht „2“ betitelten zweiten Album Hyparschalls kommen kontinuierlich weitere Einflüsse hinzu, die das Trio verinnerlicht und zu etwas Neuem zusammengesetzt hat. Mit scheinbar spielerischer Gelassenheit meistern sie Schwierigkeiten, an denen weniger Entschlossene verzweifeln müssten. Und so abenteuerlustig sie sind, haben sie dabei noch längst nicht alle Ausdrucksmöglichkeiten ausgeschöpft. Im Vordergrund steht dabei das Überraschungsmoment, denn lässt man sich auf Hyparschall ein, darf und muß man gewahr sein, stets auf Unerwartetes zu stoßen. Viel zu viel Energie und Ideen haben die Magdeburger geladen. Überraschendes Momentum des Albums ist eine Fusion aus Elektronik, Punk und MinimalPop, eine minimalistischer Opulenz für welche man als Versuch eines Vergleiches bestenfalls noch die junge deutsche avantgardistischen Musikelite früher 80er Jahre bemühen möchte. Hyparschall brechen respektvoll musikalische Genregrenzen auf und dekonstruieren echte Popsongs. Dabei bewegen sie sich zumeist in eher dunkel-existenzialistischen, zurückhaltenden Sphären und agieren dabei mit ungemeiner Präzision und Tiefe. Nicht ohne jedoch aus diesen mit einem Song wie „Frühling“ fast klassisch rockig, treibend und optimistisch auszubrechen. Wichtige wenn nicht gar essentielle Koordinaten des Hyparschallschen Musikkosmos sind Thomas Kochs enorm poetische, wortgewaltige oder auch emotionale wie verspielte Texte. Es bedarf nur weniger Durchläufe, bis der geneigte Hörer der geheimnisvollen Magie dieses komplexen Albums erliegt, bis ihn die Poesie der Texte und der hypnotische Sound der Maschinen und Instrumente packen. Ein feines Album einer faszinierenden, eigenständigen Band, deren Songs großartig irrlichtern und Sehnsüchte wecken.

Album ab Anfang Dezember im Handel, Releaseparty für das Album am 18. Februar 22 in der Feuerwache, zur Website der Band

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