Sarg statt Seife

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© Wenzel Oschington

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Bereits kurz nach der Wende begann er mit der Planung. Zu Zeiten der DDR wäre es undenkbar gewesen, ein Tier zu bestatten. Die toten Vierbeiner kamen damals in die Tierverwertungsanlage. Auch heute noch landen dort verstorbene Haustiere, die nach dem Tod beim Tierarzt gelassen werden. Mit Schlachtabfällen werden die Kadaver zu Tiermehl als Zusatzbrennstoff für Kohlekraftwerke oder Schmierfett für die Industrie verarbeitet. „Als Hundebesitzer sträubt sich einem das Nackenfell“, sagt Seuthe über die Vorstellung, einen seiner Lieblinge zu Seife verarbeiten zu lassen. Der Hundebesitzer musste bereits zwei Tiere auf seinem Friedhof bestatten. Was in Ostdeutschland erst mit der Wende offiziell möglich war, wurde von Berühmtheiten bereits Jahrhunderte zuvor praktiziert. So ließ Friedrich II. seine Windhunde auf der Terrasse von Sanssouci beerdigen und neben Richard Wagners Grab ruht Hund Russ. Das erste Tier, das Falk Seuthe auf seinem Friedhof beerdigt hat, war Kaninchen Max. Noch heute, 21 Jahre später, gibt es dieses Grab. Zahlreiche Ratten, Vögel und Meerschweinchen leisten Max mittlerweile Gesellschaft. Die Tierhalter können wählen, ob sie ihren Vierbeiner anonym auf der Wiese bestatten oder in einem der Gräber mit Granitplatte. Oft ist dies eine Kostenfrage. Die Erdbestattung von Kleintieren kostet 25 Euro. Bei Hund oder Katze muss der Tierliebhaber mit 150 Euro tiefer in die Tasche greifen. Hinzu kommt die jährliche Pachtgebühr von 75 Euro. Bei großen Hunden beträgt die Pacht oft mehrere Jahre, da es länger dauert bis der Körper verwest ist. Es ist ein hart umkämpftes Geschäft, wie Seuthe erklärt. Die Beerdigungen nehmen ab. „Es ist schwer, für einen Friedhof Werbung zu machen“. Oft wählen die Menschen eine Einäscherung ihres Haustiers. Diese ist mit einem Preis ab 39 Euro die günstigste Möglichkeit einer Bestattung. Außerdem kann die Urne mit nach Hause genommen werden. So fällt eine Anfahrt zum Friedhof weg und bei Umzügen kann der verstorbene Liebling mitkommen. Die Gestaltung des Grabes ist dem Tierbesitzer überlassen. Eine Trauerfeier gibt es nicht. Seuthe setzt auf ein Gespräch mit den Trauernden. „Viele haben kein Verständnis für die Trauer über ein Tier“, sagt er. Viele, die hier ihre geliebte Katze oder ihren Hund begraben haben, verfügen nur über wenig soziale Kontakte. Einer davon ist der ältere Herr, der jeden Sonntag fünf Sträuße Blumen ans Grab seiner Katze bringt. Das Tier ist seit zwanzig Jahren tot und für seinen Besitzer unvergessener als für andere so mancher Mensch.

Magdeburger Tierfriedhof, Am Spionskopf 20, www.tierfriedhof-magdeburg.de

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