Vom Suchen und Finden

Mit ihrem treibenden Indie-PopRock hat die Magdeburger Band Betty Oh Boy die 20. Auflage des Nachwuchswettbewerbs SWM Talentverstärker gewonnen.

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© Stefan Deutsch

Auch wenn immer öfter die stillschweigende Vorstellung geteilt wird, dass Musik eher zufälliges Accessoire sei, ein willkürliches Vehikel für allerlei Gaukelei und vorformulierte Erwartungshaltungen, ist Popmusik mit Anspruch manchmal eben doch mehrheitsfähig. Chapeau, and the winner is: Betty Oh Boy! Fünf Magdeburger, die nebenbei in unterschiedlichen Konstellationen in Bands wie Down to April, Cindy Ciser oder Deepest Fish bereits bunter Teil der Talentverstärker-Geschichte sind. Susi am Gesang, Micha (Gesang) und Lukas an den Gitarren, Hirschi am Schlagzeug und Kevin am Bass sind die strahlenden Sieger der zwanzigsten Ausgabe des SWM TalentVerstärkers 2022. Den Contest selbst haben die Fünf genossen: „Das Publikum hat richtig Spaß gemacht. Es waren schöne Abende. Auch die Feedbackrunden mit der Jury und den anderen Teilnehmern. Es hat uns als Band gestärkt und Vertrauen geschaffen, weiter zu machen.“

Die eindringliche und selten ausreichend zu beschreibende Intensität, die Musik erreichen kann – oft ohne Vorankündigung oder Einladung – hat hier eine besondere Qualität, die nur schwer erklärt oder quantifiziert werden kann. In Betty Oh Boy findet der geneigte Zuhörer sowohl einen zuverlässigen Begleiter als auch einen Seelentröster. Das ist Indie-PopRock, zu dem ein Begriff besonders passt: Uplifting! Ob es regnet oder schneit, die Songs der Magdeburger Band geben einem Hoffnung auf bessere Zeiten oder nehmen einen zumindest an die Hand. Hirschi am Schlagzeug weist beständig den Weg und die Gitarren und Bass brettern und flirren hinterher. Melodien, Seele, Herz, Kraft und Melancholie. Sie alle vermögen diese Dinge miteinander zu verbinden. Was steckt in diesen Songs nur für eine Energie. Beeindruckend.

Die Stilsicherheit überzeugt dabei trotz oder gerade wegen der durchaus vorhandenen Blueprints. Sie selbst empfinden die vielfältigen Einflüsse als „… eher bereichernd. Man hat einfach mehr Entscheidungsmöglichkeiten. Darum ist unsere Musik ja so abwechslungsreich … jeder bringt seine Ideen und Einflüsse mit ein. Das Ziel ist aber immer klar. Wenn wir drohen, uns in einem Song zu verlieren, legen wir den einfach eine Weile zur Seite. Die Ansprüche steigen ja auch, das machst den Prozess auch intensiver.“ Das Ergebnis ist jedenfalls ein bemerkenswertes. Das ist sehr privat, sehr persönlich, nachdenklich, eindringlich und angesichts dieser Gesamtheit fast unheimlich. Betty Oh Boy zogen und ziehen einen mit jedem Song weiter auf ihre Seite. Die Melodien und Susis Gesang prägen sich tiefer und tiefer ins Unterbewusstsein, verselbständigen sich und verfolgen uns und wachsen einem ans Herz.

„Betty Oh Boy“-Songs fordern dabei durchaus Aufmerksamkeit. Beileibe keine verkrampfte Kopfgeburt, doch gewiss nichts zur beiläufigen Berieselung. Die Arrangements schlagen den Zuhörer in ihren Bann, immer stark genug, um nicht loslassen und die Nase immer tiefer in alle möglichen Winkel stecken zu wollen. Das ist bemerkenswert, weil nicht selbstverständlich. Es ist ein Spaziergang mit Kurven und Schleifen, ausgeschmückt mit allerlei Finessen. Hier musikalische Langzeitbelichtung, die Dinge fließen und greifen ineinander, dort wieder versöhnliche die Spannung auflösende Refrains und Hooklines. Und dazu eindrückliche Texte und Susis toller eindringlicher Gesang, der stets mehr als nur das ist.

Man mag bitten oder mahnen, dass die Musiker diesen Weg weiterverfolgen und wir Menschen mit offenen Ohren Betty Oh Boy weiter begleiten. Lasst uns mitlatschen, stolpern und wundern. Das sollte es wert sein. Und überhaupt, liebe Booker, bucht diese Band!

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