Richtig handeln nach Unfällen – eine Anleitung und Auffrischung

Winterzeit ist Unfallzeit – die widrigen Witterungsverhältnisse sorgen dafür, dass es auf unseren Straßen dann häufiger kracht. Selbst, wenn es sich lediglich um Auffahrunfälle beispielsweise am Stauende handelt, sind Personenschäden, wie es so unschön heißt, nicht ausgeschlossen.

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Damit so wenige am Unfall Beteiligte wie möglich in Gefahr gebracht werden und alles rechtlich und ordnungsgemäß zugeht, sollte jeder Verkehrsteilnehmer wissen, wie er nach einem Unfall zu handeln hat. Irgendwann hat das auch jeder einmal gelernt – aber wer kann sich schon alles immer so genau merken? Eine kleine Auffrischung essentiellen Wissens hat noch nie geschadet.

1. Anhalten und Warnen

Jeder, der in irgendeine Weise am Unfall beteiligt ist, das heißt entweder selbst in den Unfall involviert, oder als Zeuge beim Unfallgeschehen anwesend und einer der ersten, der die Unfallstelle erreicht, muss anhalten. Gerade auf der Autobahn, wenn es sich oftmals um schwere Unfälle handelt, bei denen Menschen zu Schaden gekommen sein könnten, ist es wichtig, dass schnell Hilfe zur Stelle ist. Diese Hilfe kann jeder Verkehrsteilnehmer leisten. Und nicht nur das – jeder in den Unfall Involvierte ist verpflichtet Hilfestellung zu leisten. Wer das bezweifelt: Zu dieser Verpflichtung finden sich unter Punkt drei genauere Informationen.

2. Die Unfallstelle sichern

Um die Unfallstelle ordnungsgemäß abzusichern, wird ein Warndreieck benötigt. Dieses befindet sich meistens im Kofferraum unter oder hinter einer Klappe. Wer es aufbauen muss, sollte sich dafür über den Seitenstreifen hinter die Leitplanke begeben. Dort ist man vor eventuell nachkommenden und unaufmerksamen Autofahrern deutlich besser geschützt.

Außerhalb geschlossener Ortschaften ist das Warndreieck mindestens 100 Meter vor der Unfallstelle aufzustellen. Auf Autobahnen sind es sogar mindestens 150-200 Meter. Diese Abstände sollen dazu dienen, andere Verkehrsteilnehmer mit der Unfallstelle nicht plötzlich zu überraschen, sondern rechtzeitig zu informieren.

Während das Warndreieck zur Unfallstelle transportiert wird, sollte es übrigens so gehalten werden, dass es bereits beim Tragen als Warnsignal dient. Es wird empfohlen es daher deutlich sichtbar vor dem Bauch zu halten.

3. Den Beteiligten Helfen

Selbst die unter Schock stehenden Zeugen eines Unfalls können der wichtigsten Hilfestellung, die gleich zu Beginn zu leisten ist, ohne Probleme gerecht werden. Denn es gilt zunächst sofort einen Krankenwagen zu rufen und/oder bei schweren Unfällen die Polizei zu informieren, beziehungsweise diese anzufordern, insofern das noch nicht geschehen ist.

Meistens wird dies vom Ersten an der Unfallstelle Eintreffenden sowieso instinktiv erledigt. Wer nicht im Besitz eines Handys ist, sollte zur nächstgelegenen Notrufsäule laufen, zu deren Standpunkt die Pfeile an den Reliefpfeilern am Seitenstreifen Auskunft geben. Während der Gespräche mit den zuständigen Beamten ist Ruhe zu bewahren und alles Wichtige, wie die Fahrtrichtung, die Unfallart und die Streckenkilometer usw. mitzuteilen.

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Wenn Erste Hilfe zu leisten ist, sollte dies anschließend natürlich so schnell wie möglich getan werden. Sowohl allen Verletzten, als auch allen unter Schock Stehenden muss geholfen werden. Denn unterlassene Hilfeleistung führt nicht nur zu moralischen Gewissensbissen, sie ist in Deutschland sogar strafbar! Wer Pech hat, muss nach Paragraph 323c des Strafgesetzbuches mit einer Geldstrafe oder schlimmstenfalls gar einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr rechnen. Dazu kommen drei bis fünf Punkte in Flensburg.

Es spricht deshalb alles dagegen, sich Erster Hilfe zu verweigern. Jeder, der im Besitz eines Führerscheines ist, hat irgendwann einmal einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert und sollte in der Lage sein, die stabile Seitenlage und Ähnliches an Verletzten auszuführen.

Allerdings ist es ebenso eine Tatsache, dass dieses Ersthelfer-Wissen, wenn es nicht regelmäßig aufgefrischt wird, ebenso verfällt, wie eine Fremdsprache, die man seit der Schulzeit nicht mehr benutzt hat. Und genau das kann bei Unfällen zum Problem werden. Zwar kann man rechtlich nicht für Fehler belangt werden, die man bei der Ersthilfe begeht, zielführend ist ein solches Vorgehen jedoch keinesfalls.

Aus diesem Grund ist es vielleicht nicht falsch, alle zehn Jahre den normalen Ersthelferkurs, den auch Fahrschüler absolvieren müssen, nachzuholen – freiwillig. Hauptsächlich sind Hilfsdienste wie etwa Malteser, Johanniter oder das Rote Kreuz die ersten Anlaufstellen für Ersthelferaus und -weiterbildungen. Mittlerweile bieten aber auch einige Fahrschulen diesen Service bereits direkt im Rahmen des theoretischen Unterrichts an. Die lebenswichtigen, zu vermittelten Inhalte sind jedoch immer gleich:

Die Kurse kosten in der Regel nicht mehr als 40 Euro und dauern keine sieben Stunden. Zudem liegt es auf der Hand, dass die dort vermittelten Fähigkeiten nicht nur im Straßenverkehr sinnvoll sind, sondern auch bei allen anderen Unfällen zwischen Haushalt und Arbeitsplatz.

Generell muss und kann jeder aber nur im Rahmen der eigenen Möglichkeiten helfen. Mehr wird von keinem der Involvierten erwartet. Es muss außerdem auch kein Helfender sein Leben aufs Spiel setzen. Wichtige Geschäftstermine oder das Gefährden teurer Kleidung gelten dagegen als Ausreden nicht.

Übrigens stehen alle Nothelfer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, die bei Sachschäden sowie Verletzungen automatisch eintritt. Die Versicherung der Personen, denen Hilfestellung geleistet wird, müssen darüber hinaus Aufwendungen, wie zum Beispiel geleerte Feuerlöscher oder andere Sachschäden ersetzen.

4. Die Fahrbahn räumen

Insofern sich noch Unfallfahrzeuge auf der Fahrbahn befinden, sind diese, falls möglich, schnell beiseite zu fahren. Dies gilt auch für geringfügige Schäden, wie leichte Blechschäden und nicht nur für Bundes- oder Landstraßen, sondern auch für die Autobahn. Vorher jedoch sind die genauen Fahrzeugstellungen und Details am Unfallort zu fotografieren, damit in der späteren Beurteilung keine Ungereimtheiten entstehen. Es reichen auch mehrere einfache Fotos per Smartphone – Hauptsache es gibt Beweisbilder.

Zusätzlich kann, sofern es die Verkehrssituation zulässt, die Fahrzeugstellung mit Kreide markiert werden, bevor die Fahrzeuge an die Seite gefahren werden. Unfallspuren sollten bei alldem nicht beseitigt werden. Sie dienen der Polizei später ebenfalls als Beweismittel zum Nachvollziehen der genauen Unfallsituation.

Unter diesem Stichpunkt soll auch noch einmal auf die Rettungsgasse hingewiesen werden. Auch wer nicht selbst in einen Unfall verwickelt ist, sondern etwa in einem damit zusammenhängenden Stau steckt ist seit 2017 gesetzlich verpflichtet, den Rettungskräften auf diese Weise ausreichend Platz zu schaffen. 

5. Warten

Der letzte Punkt mag etwas seltsam klingen, doch ist nicht weniger wichtig, als die vorangegangenen Schritte. Denn sobald die Unfallstelle gesichert, alle Beteiligten versorgt und die Behörden informiert sind, muss zusammen mit den Zeugen und allen anderen Personen am Unfallort gewartet werden. Alle Beteiligten sollten sich dazu wiederum hinter die Leitplanke und in Sicherheit vor anderen Verkehrsteilnehmern begeben.

Vor allem unter Schock Stehende neigen dazu, nah am eigenen Wagen zu bleiben, weil sie das Gefühl haben, dort sicherer zu sein. Verwirrten oder überforderten Menschen ist also auch hier Hilfe und Beistand zu leisten. Es gilt, zum Wohle der Gruppe zu handeln.

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Damit alle nachkommenden Fahrzeuge die Unfallstelle eindeutig erkennen, sollten nicht nur alle Warnblinker eingeschaltet und vielleicht sogar mehrere Warndreiecke aufgestellt, sondern auch alle anderen Lichter an den Autos eingeschaltet und die Kofferräume geöffnet werden. Dadurch kann auch von Weitem gesehen werden, dass hier irgendetwas nicht stimmt.

Ist Hilfe eingetroffen, sind alle relevanten Daten anzugeben. Dazu gehören Angaben zur eigenen Person, zum Fahrzeug und zur Art der Unfallbeteiligung. Ein zurückgelassener Zettel mit den eigenen Angaben reicht nicht aus. Das gilt als Unfallflucht und diese ist, genau wie unterlassene Hilfeleistung, strafbar.

Abschließend sollten alle am Unfall Beteiligten als Zeugen zur Verfügung stehen, da jeder, der etwas gesehen oder der geholfen hat, gleichzeitig auch allen anderen Beteiligten zu den ihnen zustehenden Rechten verhelfen kann.

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