Einfach monumental

Das 50. Europapokal-Jubiläum des 1. FCM ist Anlass für den "Passionsweg Blau-Weiß", eine performative Führung, die in die Fankultur tief ins Alltagsleben des Jahres 1974 eintaucht.

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© Engelhardt

Es war ein magischer Moment, dieser 5. Mai 1974: für den 1. FC Magdeburg, für seine damals schon große Fanszene, überhaupt für den DDR-Fußball. Im Finale des Europapokals der Pokalsieger hatte der 1.FCM gegen den scheinbar übermächtigen AC Mailand den Cup geholt, als erste DDR-Mannschaft (wie sich noch herausstellen sollte, als einzige) überhaupt. Der legendäre Henkelpott, den die Mannschaft mit nach Hause brachte, wurde noch im selben Monat im blinkend neuen Centrum-Warenhauses der Öffentlichkeit gezeigt. Jeder wollte ihn sehen, wollte ihn am liebsten anfassen, in die Arme schließen. Und so wie der originale Pokal längst verschwunden ist und im Regal des 1. FCM nur eine Replik steht, so ist das heutige Karstadt auf seine Weise bis heute ein Gedenkort der Fankultur jener Zeit. Genau hier, am Haupteingang beginnt auch die knapp zweistündige Tour des Passionswegs Blau-Weiß, die den Weg der Fans ins Stadion nachzeichnet. Nicht nur der Gewinn des Europapokals und der sportliche Weg dorthin stehen im Mittelpunkt, sondern auch die Lebensumstände der Zeit, sowohl die der Spieler und ihrer Frauen, sowie der Fans des 1. FCM. An mehreren Orten entlang der Route gibt es dazu verschiedene Aktionen und Geschichten. Eine dieser Stationen ist die 1974 eingeweihte „Promenade der Völkerfreundschaft“, die heutige Elb­uferpromenade, mit ihrer zum 25. Gründungstag der DDR eingeweihten Großplastik „Fahnenmonument“ von Joachim Sendler. Dort ist der Ort für eine Tanzperformance des Klub 5, einem der Spielklubs des Theaters, in der sich ukrainische Mädchen und Frauen mit Fußball-Choreografie beschäft-igt haben. An anderen Stationen geht es um den Alltag der Spielerfrauen, das soziale Leben der Magdeburger, das Leben in der Kleingartensparte, aber auch um die Trink- und Esskultur in der Nähe des Stadions. Hier kommt die FCM-Kultkneipe „Silkes Zolleck“ ins Spiel, die ebenso wenig fehlen darf wie die „Käseglocke“, an der die Route endet. Autorin Annett Gröschner, die sich dem 1. FCM bereits 1999 mit ihrem Buch „Sieben Tränen muss ein Clubfan weinen“ widmete, sowie Anne Hahn, die 2023 ihren Roman „Anne Hahn träumt Christian Beck“ veröffentlichte, haben sich für ihre Texte, die eigens für den Passionsweg Blau-Weiß geschrieben wurden, in die Archive des Landes begeben. Ergänzt werden die Recherchen vom Material, das Nadja Gröschner in ihrer beliebten Reihe „Erzählcafé“ in der Feuerwache gesammelt hat, sowie durch Interviews, die Sarah Thäger (Literaturhaus) mit den Spielerfrauen und anderen Zeitzeugen geführt hat.

Hier gibt's mehr Info's zur Führung "Passionsweg Blau-Weiß"

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