Im laufenden Galopp

Der 1869 gegründete Velozipedenclub Magdeburg war einer der ersten Radfahrvereine Deutschlands. Ein paar Radenthusiasten haben ihn jetzt neu gegründet.

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© Engelhardt

Ein pompöses Fest im Victoriatheater auf dem Werder setzte vor 150 Jahren den Anfangspunkt für das Fahrrad in Magdeburg. Bereits im Frühjahr 1869 hatten sich einige Anhänger des aus Frankreich kommenden Vélocipèdes – mit einer Tretkurbel am eisenbeschlagenen hölzernen Vorderrad versehen – zusammengefunden. Gemeinsam übten sie in einem „Exercierschuppen“ das „Reiten“ auf den unhandlichen Vehikeln. Schwer begeistert von dieser neuen Idee der Fortbewegung gründeten sie ein halbes Jahr später den Magdeburger Velocipeden-Clubs von 1869“ (MVC) – einem der ersten überhaupt in deutschen Landen. Höhepunkt jenes Gründungsfestes war der Auftritt eines „Mr. James aus Kopenhagen“. Dieser führte Kunststücke auf dem Veloziped vor und überwand „im laufenden Galopp meterhohe Hindernisse und schwebende Barrièren“ – schrieb hinterher die Lokalzeitung. Das Publikum war begeistert, applaudierte mit „nicht endenwollenden Bravos“.

Unter dem ersten Vorsitzenden, dem Kaufmann Carl Hindenburg (1820-1899), richtete der MVC bald regelmäßig große Radfahrfeste mit Unterhaltungsprogramm aus. Mit der Errichtung einer Radrennbahn auf dem Werder wurde 1883 ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Der Velozipedenclub existierte bis 1945 und wurde dann aufgelöst, das Archiv ging verloren. Es war im Sommer 2020, als es im Rahmen des Freiraumlabors im Nordabschnitt des Breiten Wegs ein „Veloduell“ gab. Initiator war ein Freundeskreis von Radenthusiasten um Hans Schinlauer und Steven Krüger, die von der großen Geschichte des MVC begeistert waren und eine Wiedergründung des Vereins vorbereiteten. Eine Gründungshürde war die lange Unterbrechung der Vereins­aktivität seit 1945, nach deutschem Vereinsrecht darf deshalb die Jahreszahl im Namen nicht wiederaufgenommen werden, sodass es nun „Magdeburger Velozipeden Club“ heißt, die stolze „1869“ rückt in eine Subzeile. Ziele des Vereins, dem gut zehn Leute angehören, ist die „Förderung und Pflege des Radsports, die Durchführung von Radsport-Veranstaltungen, die Pflege der Sozial- und Kulturgeschichte des Fahrrades und des Radsports im Magdeburger Raum mit Veranstaltungen und Publikationen. Aber erstmal brechen sie am 2. April zu ihrer Radtour „Ronde van Anhalt“ auf, einer 150-km-Schleife durchs Umland. Schon im Juli wird der MVC mit dabei sein, wenn auf dem Werder 300 Jahre Erstbesiedlung (1722-2022) gefeiert werden, der alte MVC von 1869 hat an der Kulturgeschichte des Stadtteils schließlich ordentlich mitgeschrieben.

Zur Website der Magdeburger Velozipeden, 2. April Ronde van Anhalt, 28.04.-01.05. OldMarchGravel

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