Stadtläufer: Gruppen mit erhöhter Priorität

Unser Stadtläufer redet in diesem Monat den Impfvordränglern ins Gewissen und lässt sich über das Amtsantrittsfoto von Sachsen-Anhalts Karnevals-Prinzenpaar Sandra und Andreas aus.

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© DATEs Medienverlag

Die Skandale um die sogenannten „Impfvordrängler“ sind gerade in Sachsen-Anhalt auffallend zahlreich, werden von vielen aber gar nicht als solche empfunden. Denn die Abwiegler sind etwa der Meinung, dass die vorzeitige Impfung von 330 Stendaler Polizisten eine ziemlich gute Idee gewesen sei, da die armen Ordnungshüter schließlich täglich an „der Front“ im Krieg gegen das Virus bzw. dessen Leugner stünden, indem sie fortwährend illegale Partys, Hochzeiten oder Gottesdienste auflösen müssten. Und auch der Oberbürgermeister von Halle an der Saale hielt seine vorzeitige Impfung für gerechtfertigt, weil er als Leiter des Krisenstabes eine Schlüsselrolle in diesem Krieg einnähme und sein Ausfall vermutlich zu einer endgültigen Niederlage führen würde. Was sie alle auch nach einem Jahr Pandemie nicht begriffen haben: die über 80 Jährigen sollen nicht deshalb besonders geschützt werden, weil sie potenzielle Superspreader sind, sondern weil sie im Falle einer Infektion sehr viel häufiger schwere Krankheitsverläufe haben. Sie infizieren sich nicht öfter als andere, sie sterben nur öfter daran. Sehr, sehr viel öfter.

Alle Maßnahmen haben nur einen einzigen Sinn, nämlich den, die Zahl der Corona-Toten möglichst gering zu halten. Würden sich die 330 Stendaler Polizisten oder Halles OB infizieren, triebe das die Zahl der Corona-Toten sehr wahrscheinlich nicht in die Höhe, wenn sich aber alle 331 über 80jährigen, die infolgedessen NICHT geimpft wurden, infizierten, gäbe es mit Sicherheit zusätzliche Tote. Die Beamten müssten lediglich in Quarantäne. 330 Beamte in Quarantäne würden freilich einen enormen Rückgang bei den Bußgeldern wegen der entsprechenden Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung verursachen – und die sind derzeit schließlich die einzige noch verbliebene Einnahmequelle der Städte und Landkreise. Das geringere Verkehrsaufkommen und die geschlossenen Läden führen ja in der Tat zu gigantischen Rückgängen bei den fest eingeplanten Einnahmen durch Parksünder, die von einigen Kommunen auch schon ernsthaft beklagt worden sind. Das könnte am Ende noch so weit führen, dass die Politessen jegliche Systemrelevanz verlieren und sich in der Impfreihenfolge bei den Gastwirten oder Kulturschaffenden wiederfinden.

Bei all den traurigen Folgen, Momenten und Bildern der Pandemie, gab es im Februar aber auch ein Bild, das Hoffnung machte: Sachsen-Anhalts Karnevals-Prinzenpaar Sandra I. und Andreas I. posierten in vollem Ornat, aber ohne Publikum und ohne Ministerpräsident vor der Staatskanzlei. Ein Prinzenpaar gibt ja schon mit Publikum und Ministerpräsident ein trauriges Bild ab, aber ein Prinzenpaar ohne Publikum und Ministerpräsident ist so unendlich traurig, dass es schon wieder komisch ist. Eigentlich kann man danach nie mehr vor eine Kamera treten. Aber warten wir ab.

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