Stadtläufer: Wohnhaft im Saskia-Rembrandt-Weg?

Die weiblichen Mitglieder des Stadtrates streben an, dass mehr Straßen nach Frauen benannt werden. Dieses Vorhaben wäre einfach umzusetzen könnte aber auch eine Angelegenheit für die nächsten Jahrtausende werden.

by

© DATEs Medienverlag

Die Frauen im Magdeburger Stadtrat haben den Antrag gestellt, alle neuen Straßen und Plätze, die in Magdeburg künftig benannt werden müssen und für die ein menschlicher Name vorgesehen ist, mindestens so lange nach Frauen zu benennen, bis bei der Benennung im Stadtplan die absolute Parität zwischen männlichen und weiblichen Namensgebern hergestellt sei. Anlass ist eine von Jens Winter vorgenommene Zählung, derzufolge von den 1.700 Straßen und Plätzen der Stadt lediglich 46 nach Frauen, nach Männern hingegen 460 benannt sind. Ob man das so stehen lassen kann, ist freilich die Frage, denn wo nicht unter dem Straßenschild eine Zusatztafel angebracht ist, die darüber informiert, wer hier gewürdigt wird, gibt es da ja durchaus interpretatorischen Spielraum. Denn nicht immer ist die Sache so eindeutig wie bei der Johannes-Göderitz, der Hans-Löscher- oder der Bertha-von-Suttner-Straße. Von den gut 500 nach Menschen benannten Straßen und Plätzen sind schließlich mehr als die Hälfte nur mit dem Familiennamen des oder der Geehrten versehen, so dass zum einen erst einmal geklärt werden muss, ob etwa bei der Benennung der Dürerstraße wirklich Albrecht Dürer und nicht etwa seine geschäftstüchtige Gattin Agnes gemeint war – und selbst wenn sich bei dieser Prüfung herausstellen sollte, dass zumeist eben doch ein Mann gemeint war, muss es ja zum anderen nicht so bleiben. Man könnte, ohne dass sich der Stadtplan und eine einzige Adresse verändert, mit dem Anbringen von entsprechenden Hinweistafeln unterhalb der Straßenschilder innerhalb kürzester Zeit für Geschlechtergerechtigkeit sorgen. Man könnte etwa Johanna Maria Telemann dafür ehren, dass sie ihren Sohn Georg Philipp in Magdeburg zur Welt brachte, könnte Minna Beims Wertschätzung dafür erfahren lassen, dass sie ihrem Mann Hermann den Rücken frei gehalten hat oder Gustav Hasselbachs Schwiegertochter Josephine dafür danken, dass sie seinen Sohn Oskar dabei unterstützt hat, ein derart tüchtiger Verwaltungsjurist zu werden. Amalie Justine Caroline Raiffeisen könnte endlich die verdiente Würdigung dafür erfahren, dass sie ihren erblindenden Vater Friedrich Wilhelm bei dessen Sozialreformen derart uneigennützig unterstützt hat,  Pauline Lumumba könnte dafür gedankt werden, dass sie ihrem Gatten Patrice in dessen dritter Ehe endlich den ersehnten Nachwuchs schenkte und die arme Christiane Vulpius, die nach ihrer Hochzeit mit dem Dichterfürsten viel Spott ertragen musste (indem sie etwa von Schillers Witwe „Goethes dickere Hälfte“ genannt wurde), könnte nachträglich Trost erfahren, indem die Goethestraße nun eben nicht mehr nach ihrem Gemahle, sondern nach ihr benannt ist.  

Es gibt zu dieser Vorgehensweise im Grunde keine Alternative, denn wenn tatsächlich absolute Parität bei der Benennung unserer Straßen und Plätze hergestellt werden soll, dauert es anderenfalls mindestens ein Jahrtausend, bis in Magdeburg einmal wieder eine Straße oder ein Platz nach einem Mann benannt werden darf. Und wofür soll man sich als Mann dann noch anstrengen?

Back to topbutton