Stadtläufer: Der Held vom Fuchsberg

Der ehemalige Kriminalrat Lothar Schirmer zieht als selbsternannter Kämpfer für Recht und Ordnung durch die Medien und über die Lesebühnen, um den Menschen „Die Tricks der Gauner und Ganoven“ zu verraten – wie denn auch der Titel eines von ihm verfassten Buches lautet. Dabei verfolgt er, wie er sagt, vor allem das hehre Ziel der Warnung und Aufklärung, und nimmt die eher lästige Begleiterscheinung, dass er dabei auch das eine oder andere Buch verkauft, um der guten Sache willen in Kauf. Als er nun vor einer Lesung am Fuchsberg auf einer Hauswand darauf hingewiesen wurde, dass die Unterzeichneten, nämlich die „Gauner und Ganoven“, wüssten, wo er sein Auto parke und sich überdies als „Stasi-Opa“ bezeichnet fand, ermittelte er sofort, dass es sich bei den Verfassern um „einfach strukturierte Menschen mit einem gestörten Verhältnis zu Recht und Ordnung“ handle und befand, dass man „denen gar keine Aufmerksamkeit schenken“ solle. Dass er genau das tat, indem er diese Auffassung öffentlich machte, wirkt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch in sich, aber wenn man sich vor Augen hält, dass man aus seiner Sicht natürlich ihm und seiner Lesung Aufmerksamkeit schenken sollte, dann blieb ihm gar nichts anderes übrig, als öffentlich zu erklären, dass er diese Lesung natürlich trotzdem durchführen und der Bedrohung tapfer entgegentreten werde. Und prompt war diese Lesung denn auch ausverkauft, die „Anfeindung“ sorgte für einen regelrechten „Schub“, so dass für den Mai gleich noch eine weitere Lesung anberaumt wurde.

© Bernhard Poprawa

Aber handelte es sich denn wirklich um ein Bedrohungsszenario? Wenn überhaupt, so drohte allenfalls seinem Kraftfahrzeug Gefahr, nämlich die, entweder entwendet oder beschädigt zu werden – eine Drohung, mit der übrigens seit Jahrzehnten sämtliche Fußball-Schiedsrichter leben müssen. Aber vielleicht parkte Lothar Schirmer ja auch im Park- oder Halteverbot und die Verfasser wollten ihm eine letzte Gelegenheit geben, den Wagen umzuparken, ehe sie das Ordnungsamt informieren. Es handelte sich schließlich um sehr einfach strukturierte Menschen.  

Auf dem Foto, das Lothar Schirmer nach der erfolgreichen Lesung zeigt, hält er natürlich ein Exemplar seines Buches in der Hand – auch dies selbstverständlich nicht aus Eitelkeit oder Gewinnstreben, sondern um all denen, die sich so verzweifelt wie erfolglos um eine Karte für die Lesung bemüht haben, eine Alternative zu bieten – denn er will ALLEN Menschen helfen.

Und so erklärt er denn auch beherzt, dass er sämtliche „32 Lesungen und Vorträge, zu denen er in den nächsten Wochen in ganz Sachsen-Anhalt“ unterwegs sei, trotz all dieser Anfeindungen halten werde. Er hat sich mit seinem Schicksal abgefunden. „Wer so stark wie ich in der Öffentlichkeit steht, der hat auch Neider“, resümiert er. Und kann sich anscheinend überhaupt nicht vorstellen, dass es sehr viele Menschen gibt, die ihn weder hassen, noch beneiden, sondern einfach nicht mögen.

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