Stadtläufer: Ist das noch Bauhaus?

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Wie der lokalen Presse zu entnehmen ist, könnte die Hubbrücke „schon bald in starken Bauhausfarben für Magdeburg werben – und zwar für Magdeburg als Bauhauswiege und Kulturhauptstadtkandidat.“   

Tatsächlich verfolgt Brückenbesitzer Rolf Onnen offenbar den Plan, den eisernen Elbübergang im Zuge des anstehenden Rostschutzanstrichs zumindest an den Brückenträgern mit aufgeklebten Folien im Stile des niederländischen Künstlers Piet Mondrian zu versehen. Die Idee stammt aus dem Jahr 2016 und von Hans-Peter Wannewitz, der sie an Onnen herangetragen und privat bereits in die Tat umgesetzt hat, indem er in seinem Garten auf dieselbe Weise eine Tür gestaltete. Und dabei sind die „Bauhausfarben“ laut Artikel zu „Mondrian-Farben“ geworden. Sollte Mondrian, dem man zwar eine inhaltliche Nähe zu einigen Künstlern des Bauhauses attestieren darf, der aber nie dort gewirkt hat, tatsächlich das Copyright für die Verwendung von Rot und Blau und Gelb besessen haben, ist es nicht fair, wenn man diese Farben jetzt als „Bauhausfarben“ bezeichnet. Vielleicht sollte man sich ja einfach damit begnügen, sie Grundfarben zu nennen, auch wenn das im additiven Farbraum Rot und Blau und Grün sind.  

Und vielleicht sollte man den Ball überhaupt ein ganz klein wenig flacher halten. Man darf aus der Tatsache, dass Impulsgeber Wannewitz auf seine bunte Gartentür „immer wieder von Leuten angesprochen“ wurde, nicht gleich auf einen zu erwartenden Hype um die bunte Brücke schließen, der Heerscharen von Touristen in die Stadt spült. Zwar ist Rolf Onnen überzeugt, dass dieser „echte Hingucker überregional aufgegriffen“ werden wird, zunächst aber will er vor allem eine Debatte anstoßen – ganz wie die Bauhaus-Akteure vor 100 Jahren. Aus launigen Gesprächen in der Gartensparte wird ein internationaler Diskurs über Kunst: „function follows colour“ oder umgekehrt.

Vor Ort war die Debatte jedenfalls sofort in vollem Gange: Während drei Leser ihre ungeteilte Zustimmung kundtaten, schlug Stadträtin Lydia Hüskens vor, statt auf Mondrian auf Xanti Schawinsky zu setzen, der nicht nur tatsächlich am Bauhaus, sondern überdies von 1929 an drei Jahre lang als Leiter der Grafikabteilung des städtischen Hochbauamtes in Magdeburg tätig war. Im Sinne des Plans, mit der Brückengestaltung für Magdeburg als „Bauhaus-Wiege und Kulturhauptstadt-Kandidat“ zu werben, ergäbe das allemal mehr Sinn als Mondrian.

Zur Wahrheit gehört dann freilich auch, dass Schawinsky 1931 als freier Künstler nach Berlin ging – und zwar nicht aus Karrieregründen, sondern wegen politischer und rassistischer Anfeindungen, was für die Kulturhauptstadt-Bewerbung dann wieder kontraproduktiv wäre. Also vielleicht doch lieber Mondrian, der nie in Magdeburg war und deshalb auch nie von hier vertrieben werden konnte? Der Diskurs ist eröffnet.

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