Stadtläufer: Das Meinungsbarometer steigt

by

© DATEs Medienverlag

Kurz vor der Landtagswahl fördert das Meinungsbarometer „MDR fragt“ erstaunliche Zahlen zutage: Sachsen-Anhalt liegt unter den drei mitteldeutschen Ländern in neun von zehn Umfragepunkten deutlich in Führung – jedenfalls was die Unzufriedenheit der Bewohner mit den Zuständen im eigenen Land betrifft. 69 Prozent der Befragten etwa finden, dass das eigene Bundesland für junge Menschen unattraktiv ist, was in Sachsen z.B. nur 51 Prozent finden. Dies liege an einer verfehlten Ansiedlungspolitik, mit der folglich ebenfalls knapp zwei Drittel der Befragten sehr unzufrieden sind.

In keinem anderen der drei Länder sind zudem so wenige Menschen mit der medizinischen Versorgung, dem Umwelt- und Klimaschutz, der Bildungspolitik und der digitalen Infrastruktur zufrieden. 82 Prozent sind der Meinung, dass Halle und Magdeburg so üppig gefördert würden, dass der ländliche Raum komplett auf der Strecke bleibe, so dass auf den Dörfern zu wenig los sei und zu selten die Post abgehe.

Inwieweit das Empfinden der Befragten die tatsächlichen Zustände spiegelt, lässt sich nur schwer auf den Punkt bringen; dass es in der Wahrnehmung allerdings zu Sinnestäuschungen kommen kann, liegt auf der Hand. So glauben fraglos viele, dass die Kriminalitätsrate beständig steigt, obwohl sie seit Jahren das genaue Gegenteil tut. Und dass Zugewanderte keinen signifikanten Anteil an dieser Statistik haben, können sich gewiss auch nur wenige vorstellen.    

Unter dem Strich sind also etwa zwei Drittel der Sachsen-Anhalter mit den Zuständen in ihrem Bundesland unzufrieden, während aber nach einer Umfrage desselben Meinungsbarometers 85 Prozent der Befragten gern oder sogar sehr gern in Sachsen-Anhalt leben. Das kann dann eigentlich nur bedeuten, dass sie gern oder sogar sehr gern unzufrieden sind. Und wer kennt sie denn auch nicht, die Mitbürger, denen es stets zu kalt oder zu heiß, zu regnerisch oder zu trocken, zu schwül oder zu windig ist? Die Frage ist nur, warum davon durchschnittlich die meisten in Sachsen-Anhalt leben. Warum haben sich die Frohnaturen am Rhein angesiedelt – und nicht an der Elbe? Was ist bei der Völkerwanderung schief gelaufen?

Sogar mehr als zwei Drittel (nämlich 71 Prozent) sind übrigens der Auffassung, dass das Land sein Tourismus-Potential nicht ausschöpfe, sind also unzufrieden mit dem diesbezüglichen Marketing. Das bedeutet im Umkehrschluss immerhin, dass sie das eigene Bundesland für touristisch attraktiv halten. Und wenn sie nur noch einen einzigen Schritt weiter in sich gehen, um sich die Frage vorzulegen, ob Gäste nicht lieber ein Land besuchen würden, in dem nicht zwei von drei Menschen schlechte Laune versprühen, weil sie sich vom Schicksal benachteiligt fühlen, dann besteht ja vielleicht noch Hoffnung.

Back to topbutton