Stadtläufer: Sitting Citizens

In unserer aktuellen Ausgabe geht unser kritischer Stadtläufer der Dabatte um mehr Sitzgelegenheiten auf den Grund.

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Der durchschnittliche Magdeburger ist nicht mehr der Jüngste und nicht der Fitteste, daher ist es nicht verwunderlich, dass eine breite Bevölkerungsmehrheit lauthals den Mangel an Sitzgelegenheiten im gesamten Stadtgebiet beklagt. Da die SPD-Ratsfraktion daraufhin vehement ein „Bänke-Konzept“ gefordert hat (und zwar bis zum anstehenden Frühling), brach in der Stadtverwaltung hektische Betriebsamkeit aus, die zu der Stellungnahme führte, dass der geforderte Zeitpunkt illusorisch sei. Denn ein ernstzunehmendes Bänke-Konzept verlange zunächst einmal eine vollständige digitale Erfassung der bestehenden Bänke, inklusive einer Übersicht über die Banktypen und ihren Zustand, sowie eine exakte Bedarfsanalyse und eine detaillierte Bürgerwunschabfrage. All dies würde zudem 50.000 Euro kosten, daher müssten viele Bürger vorerst weiterhin in Bewegung oder im Zweifelsfall eben einfach zu Hause bleiben.

Der großen Ernüchterung, die sich daraufhin in der Bevölkerung breit machte, begegnete Oberbürgermeisterin Borris, indem sie auf der Jahrespressekonferenz einräumte, dass man sich die Planungsleistungen vielleicht tatsächlich sparen sollte, um das Geld für ein paar Bänke ausgeben zu können. Dies könne aus ihrer Sicht mit einer entsprechenden Bürgerbeteiligung umgesetzt werden.

Ob dies der Königsweg ist, darf bezweifelt werden, denn wenn man jede(n) Bürger*In befragt, wo er, sie oder es gern eine Bank aufgestellt sähe, kämen vermutlich an die 100.000 Wunschstandorte zusammen, weil die eine lieber eine Rast auf dem Weg zu ihrem Supermarkt einlegen und der andere sich lieber am Rande einer Hundeauslaufwiese oder im eigenen Innenhof niederlassen würde. Natürlich könnte man all das statistisch auswerten und in ein Punktesystem einpflegen, das am Ende zu einer Rangliste führt; aber ob das bis zum kommenden Frühjahr realisierbar ist, darf bezweifelt werden.

Bürgerbeteiligung ist ein immer wieder gern benutztes Schlagwort, das sich bei näherem Betrachten aber oft als blanke Vision entpuppt, die sich nur schwer realisieren lässt. Denn will man in diesem Fall gerecht vorgehen, bedarf es eben doch einer exakten Analyse, ansonsten kommen (wie so oft) nur diejenigen zum Zuge, die am lautesten schreien und am meisten nerven – und nicht etwa diejenigen, die am meisten leiden oder als erste entkräftet zusammenbrechen.        

Um den gesamten Vorgang zu beschleunigen, sei an dieser Stelle dennoch ein wichtiger Hinweis gegeben. Simone Borris erklärte, man müsse zunächst schauen, wo es schon Bänke gäbe, wie diese gestaltet seien und wie sie genutzt werden könnten. Die Antwort auf die dritte Frage ist recht einfach: zum Sitzen. Es sei denn, sie sind defekt oder schon besetzt.

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