Stadtläufer: Zur Domplatz OpenAir Diskussion

by

© Vanessa Weiss

Jedes Jahr beginnt im Juni eine breite Diskussion über das alljährliche Musical des Theater Magdeburg, die sich allerdings weniger um künstlerische Aspekte, sondern vor allem um den Ort seiner Aufführung dreht: Die monatelange Blockierung des Domplatzes stößt immer wieder auf heftigen Widerstand. Und zwar nicht nur bei jenen, die sich einen Besuch des jeweiligen Musicals entweder nicht leisten können oder nicht leisten wollen; es sind nicht nur Kunstfeinde, die auch andere Aufführungsorte für denkbar halten. Der Oberbürgermeister etwa, der eine weitere Standort-Garantie ab 2020 nun erstmals öffentlich in Frage gestellt hat, steht gewiss nicht im Verdacht, kein Freund des Theaters zu sein und hat darum auch einen höchst bedenkenswerten Alternativvorschlag gemacht: nämlich die Fläche zwischen Stadthalle und Hyparschale, die den Dom als Kulisse erhalten und um die Elbe und andere Highlights erweitern würde.

Magdeburger Dom als Kulisse nie notwendig

Denn der Dom ist ja als Kulisse offensichtlich unverzichtbar, auch wenn in all den Jahren nicht ein einziges Musical gespielt worden ist, bei dem er als Hintergrund dramaturgisch wirklich Sinn gemacht hätte. Die „Titanic“ hat keine gotische Kathedrale, sondern einen Eisberg gerammt, „Evita“ war keine Pfarrersfrau, Jean Valjean kein Prediger, das „Biest“ bittet nicht um Kirchenasyl und Jets und Sharks bekämpfen einander nicht, weil sie in der Frage des Ablasshandels zerstritten sind. Und vor allem steht die Erschaffung von Retortenwesen durch außerirdische Transvestiten, wie sie in der „Rocky Horror Picture Show“ geschieht, in so krassem Widerspruch zur biblischen Schöpfungsgeschichte, dass die Kirche den Dom damals eigentlich hätte verhüllen müssen. Nicht einmal jetzt bei „Jesus Christ Superstar“ hat ein Dom etwas verloren, denn zu Jesu Lebzeiten gab es noch keine christlichen Kirchen und die Dimensionen, die diese unter anderem mit dem Dom zu Magdeburg angenommen haben, hätten dem „Superstar“ aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nicht gefallen.    

Theater Magdeburg muss handeln

All das kann man freilich vernachlässigen und darauf verweisen, dass der Dom im Hintergrund immer was hermacht, egal worum es im Vordergrund geht. Befrieden kann diesen Streit nur das Theater selbst, indem es alle nur erdenklichen Mittel einsetzt, die Zeit, in der der Domplatz nicht zugänglich ist, drastisch zu reduzieren. Bei nur drei Wochen reiner Spielzeit muss es möglich sein, Auf- und Abbau sowie die finalen Bühnenproben in zwei bis höchstens drei weiteren Wochen zu organisieren, denn jeder Beobachter sieht ja, dass nach der Umzäunung oft tagelang gar nichts geschieht – nicht weil die Mitarbeiter faul wären, sondern weil sie in anderen Produktionen zu tun haben. Jede andere vergleichbare Produktion kommt mit der Hälfte der Zeit aus, die sich das Theater Magdeburg nimmt. Das ist eine reine Organisationsfrage und mit normalen Mitarbeitern zu schaffen, dazu braucht es niemanden, der über das Wasser gehen kann.

Back to topbutton