Stadtläufer: Die Wilhelmine-Marianne-Immermann-Bibliothek

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In zwei Jahren wird unsere Stadtbibliothek 500 Jahre alt, denn im Jahr 1525 ging die Bibliothek des Augustinerklosters (infolge der im Jahr zuvor eingeführten Reformation) in städtischen Besitz über und bildete den Grundstock der späteren Stadtbibliothek. Sie gehört damit zu den ältesten kommunalen Bibliotheken in ganz Deutschland und möchte dies in zwei Jahren gebührend feiern und gewürdigt wissen. Doch in den Becher der Vorfreude goss Alt-OB Willi Polte jüngst einen fetten Wermutstropfen, indem er darauf verwies, dass unsere „Bibo“ weder über einen repräsentativen Namen verfüge, noch im angemessenen Gebäude beheimatet sei. Als Beispiel für einen guten Standort nannte er die (leider noch immer nicht im Wiederaufbau befindliche) Ulrichskirche, die freilich bis 2025 vermutlich nicht mehr in das Rennen um einen neuen Standort eingreifen kann. Auch der neue „Wissens-ort“, in dem perspektivisch Volkshochschule und Bibliothek gemeinsam verortet sein sollen, wird bis dahin sicher nicht realisiert worden sein.       

Es bleibt also nur die Suche nach einem neuen Namen, der der geschichtlichen Bedeutung unserer Stadtbibliothek gerecht wird. Und Willi Polte wäre nicht Willi Polte, wenn er nicht einen entsprechenden Vorschlag zu machen hätte. Da Kaiser Otto Lesen und Schreiben erst gegen Ende seines Lebens erlernte, böte sich aus Sicht des Ex-OBs seine erste Gattin Editha als Namenspatronin an, da sie dies im Gegensatz zu ihrem königlichen Gemahl von klein auf beherrscht habe. Damit stünde sie „innerhalb der hochherrschaftlichen Familie für die Bedeutung der Weitergabe von Informationen, Wissen und Geschichten in schriftlicher Form“. Es sei hinzugefügt, dass der Witwer nach Edithas Tod als schon älterer Herr selber noch das Lesen erlernte, was vermutlich daran lag, dass ihm im Bett (vorerst) niemand mehr Geschichten vorlesen konnte.

Willi Polte hält diesen Vorschlag (natürlich) für einen, „über den man ernsthaft nachdenken sollte“, konzediert aber immerhin, dass er mit anderen Vorschlägen in Wettbewerb treten könne. Es wird eine Weile dauern, die Listen sämtlicher Magdeburger Ehefrauen, die keine Analphabetinnen waren, fertig- und zur Wahl zu stellen, aber noch sind ja gut zwei Jahre Zeit.

Ob es legitim ist, darüber nachzudenken, die Bibliothek nach einem Magdeburger Dichter oder Schriftsteller zu benennen, der überregionale Bedeutung besaß (ähnlich wie es das Konservatorium „Georg Philipp Telemann“ vormacht), werden die nächsten Monate zeigen. Ganz weit vorn dürfte Georg Kaiser liegen, der den Herrschertitel wenigstens im Familiennamen trägt, aber es böten sich natürlich auch Wilhelm Raabe oder Karl Leberecht Immermann an. Letzterer hat aber 1826 leider folgendes gesagt: „Wenn man die Dichtung glücklich ausrotten wollte, so müßte man die Dichter nach Magdeburg senden ...“ Damit dürfte er wohl aus dem Rennen sein. Da seine Gattin Wilhelmine-Marianne allerdings die Tochter eines Magdeburger Arztes war, ist davon auszugehen, dass auch sie lesen und schreiben konnte, was sie neben Margarethe Kaiser und Bertha Emilie Wilhelmine Raabe zu einer der Top-Favoritinnen macht, wenn es denn wirklich darauf hinausläuft, die lesekundige Frau eines bedeutenden Mannes zu küren.

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