Ein Hoch auf Lüttich, Rhodesien und Magdeburg!

Unser kritischer Stadtläufer erfreut sich an der Debatte um eine neue ICE-Strecke, auf die zwei, drei Eisenbahn-Romantiker und Heimatforscher bestimmt noch in 130 Jahren anstoßen werden.

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© DATEs Medienverlag

Der erste Spatenstich für den Bau der Intel-Fabriken rückt unaufhaltsam näher und ebenso unaufhaltsam werden sich nun die Rufe nach einem ICE-Anschluss für Magdeburg häufen, da die Abkopplung vom Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Bahn nun einmal eine nie verheilte Wunde ist, die uns ähnlich martert wie Halle der entgangene Landeshauptstadttitel. Es martert den Stadtrat, dass er in diesem Kontext nichts weiter tun kann als das jeweilige Stadtoberhaupt periodisch dazu aufzufordern, sich dafür stark zu machen. Um so energischer aber tut er es immer und immer wieder. Da das einigen Stadträten aber offenbar zu eintönig wurde, hat die CDU-Fraktion nun mit einer neuen Variation verblüfft, indem sie von der Oberbürgermeisterin die Aufnahme von Gesprächen mit der Bahn über eine neue ICE-Strecke von Hamburg nach Prag mit Halt in Magdeburg, eine sogenannte „Elbe-Linie“, forderte. Als andere Stadträte das als illusorisch abtaten und darauf verwiesen, dass die Bahn dafür gar nicht der richtige Ansprechpartner sei, weil das nur über den vom Bundestag zu beschließenden Verkehrswegeplan geregelt werden könne, reagierte Manuel Rupsch, der den Antrag eingebracht hatte, zutiefst verständnislos, ja beleidigt – er klagte visionäres Denken ein, da Magdeburg schließlich auf dem Weg sei, durch Intel in den „Weltfokus“ zu rücken. Und er dachte nicht nur visionär, sondern laut: Wenn diese Elbe-Linie in 30 Jahren dann tatsächlich befahren würde, würde es immer heißen: Diese Idee stammt aus Magdeburg. Mindestens. Denn viele Freunde der Eisenbahn-Romantik werden vermutlich noch weitergehen und sich während der Fahrt permanent zurufen: Diese Idee stammt von Manuel Rupsch. Und dann werden sie im Bordrestaurant eine weitere Runde ordern und auf ihn anstoßen. Man kann das schließlich auch im Orient-Express beobachten, wo die Fahrgäste einander immer wieder daran erinnern, dass die Idee für diese Strecke aus Lüttich stammt und immer wieder Toasts auf den Initiator George Nagelmachers ausbringen. Auch in Südafrika werden von den Reisenden im berühmten Blue Train zwischen Kapstadt und Pretoria immer wieder Hochrufe auf Cecil Rhodes ausgestoßen, der die Idee irgendwann gegen Ende des 19. Jahrhunderts im nach ihm benannten Rhodesien hatte, auch wenn das heute Simbabwe heißt. Das ist politisch nicht ganz korrekt, da Rhodes ein schlimmer Rassist und Kolonialherr war, aber da die Mitreisenden zumeist alte weiße Männer und Frauen sind, schert sie das nur bedingt. Es ist erschütternd, dass Magdeburg sich die Chance entgehen lassen will, in dieser Liga mitzuspielen, indem der Stadtrat den Antrag mit deutlicher Mehrheit ablehnte. Aber wenn es auf einen Antrag aus Hamburg hin tatsächlich einmal zu einer solchen Verbindung kommt, wird es in 130 Jahren gewiss zwei, drei Heimatforscher oder Eisenbahnhistoriker geben, die noch wissen und daran erinnern werden, dass die Idee ursprünglich aus Magdeburg und von Manuel Rupsch stammt.

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