Stadtläufer: Sachsen-Adipositas-Anhalt

Nach der neuesten Erhebung ist Sachsen-Anhalt Spitzenreiter unter den Bundesländern mit dem höchsten Anteil an übergewichtigen Menschen. Keine große Überraschung, da es bereits seit zwei Jahrzehnten seinen Platz unter den Top 3 hält.

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© DATEs Medienverlag

Dass Sachsen-Anhalt seit zwei Jahrzehnten seinen Platz unter den Top 3 der Bundesländer mit dem höchsten Anteil an übergewichtigen Menschen hält und nach der neuesten Erhebung nun gar den Spitzenplatz erobert hat, ist ebenso beachtlich wie folgerichtig. In einem Land ohne große und moderne Metropolen wird nun einmal weniger Fahrrad gefahren, weil man für den Weg zur Arbeit, zum Arzt oder zum Supermarkt zwingend das Auto benötigt. Aber das ist natürlich nicht der Kern des Problems.

Besorgniserregender ist, dass sich ziemlich klar definieren lässt, wer am ehesten zu Übergewicht neigt: Männer, sowie Menschen im höheren Alter und mit geringerem Bildungsniveau. Die allseits bekannte Tatsache, dass uns vor allem die gebildeten jungen Frauen seit 30 Jahren davonlaufen, führt also zu einer allgemeinen Adipositas im Land. Sechs von zehn unserer Mitbürger sind zu dick, die Tendenz ist steigend.

Man mag sich gar nicht vorstellen, wie es um unsere Bevölkerungsdichte bestellt wäre, wenn es anders wäre. Vermutlich hätten noch viel mehr Menschen Sachsen-Anhalt den Rücken gekehrt, aber die Verbliebenen bleiben hier, weil sie für die Flucht zu alt, zu dumm oder zu dick sind.

Als wir letztmals einen Spitzenplatz in Deutschland erobert hatten und diesen mit einer oft verspotteten Imagekampagne als „Land der Frühaufsteher“ feierten, hat man die Ursache dafür nicht zu unrecht in dem Umstand vermutet, dass viele unserer Einwohner vor Ort keine gut bezahlten Jobs fänden und daher zur Arbeit pendeln müssten. Die Frühaufsteher setzen sich also ins Auto, fahren zur Arbeit, erledigen ihr Tagwerk, fahren zurück und kommen gerade rechtzeitig zum fett- und zuckerreichen Abendbrot. Dann versinken sie vor dem Fernseher im Sofa und werden dick und dicker. Und die Frauen laufen ihnen angewidert davon. Ein Teufelskreis.

Wie lässt er sich durchbrechen? Das Problem betrifft ja nicht nur Sachsen-Anhalt, sondern alle neuen Länder, die seit der ersten Erhebung Ende der 1990er Jahre die ersten fünf Plätze regelmäßig unter sich aufteilen. Soziologen führen das auch auf tradierte Lebensweisen zurück, die etwa darin bestehen, dass in den alten Ländern meist ein Elternteil zu Hause bleibt, wenn sich Nachwuchs einstellt, und dann jede Menge Zeit für Sport hat.

Wenn es wirklich so ist, könnte also eine Rückkehr zu jenem veralteten Rollenbild, das in der DDR sang- und klanglos verschwunden ist, die Rettung sein: der Vati geht Geld verdienen, die Mutti bleibt zu Hause. Und andere Partnerschaftsmodelle werden nicht mehr toleriert. Dann sind zwar immer noch 50 Prozent unserer Menschen zu dick, aber eben nicht mehr 60. Und wir wären den beiden Spitzenreitern Berlin und Hamburg, die es auf 46 Prozent bringen, dicht auf den Fersen. Zu klären wäre dann nur noch die Frage, welche Frauen diese Kinder unserer dicken Männer zur Welt bringen sollen. 

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